Moloch München Eine Stadt wird verkauft

DAV Boulderhalle

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Der ursprüngliche Klettergarten war Teil der Bezirkssportanlage Sendling. 1988 wurde er dem DAV zur Nutzung übergeben, Zehn Jahre später baute der DAV die erste Halle neben dem Klettergarten. 2010 erweiterte und baute der DAV um, musste aber wegen des Grünverlustes und des Eingriffs in die Frischluftschneise kompensieren. Nun soll eine neue DAV-Halle hinzukommen – mit über 50 Meter Länge. Dabei ist im Flächennutzungsplan hier eine Grünanlage verzeichnet, wo bereits DAV-Gebäude stehen. Die letzte Bürgerversammlung war eindeutig gegen die Erweiterung. Die Verkehrsverhältnisse sind schon jetzt überstrapaziert. Der DAV hatte wegen der Proteste seinen Bauantrag zurückgezogen. Doch dann setzte er die Macht seiner über eine Million Mitglieder ein und legte über eine Online-Petition 10.000 Unterschriften von DAV-Mitgliedern vor, davon viele gar nicht aus München. Und schon knickten vor der Wahl die SPD- und Grünen-Stadträte ein und fielen ihren Kollegen im örtlichen BA in den Rücken. Inzwischen präsentiert der DAV seine Pläne als „Großinstandsetzung der Außenboulderanlage Thalkirchen“. Der Vorsitzende des BA-Unterausschusses, Ernst Dill (SPD), bezeichnete dies als „Etikettenschwindel, da es sich eindeutig um den Bau einer neuen Halle handle.1
Pecunia non olet! Geld stinkt nicht. Mit Kletterhallen lässt sich viel Geld verdienen, der DAV hat über 220 in Betrieb.
Die dritte Halle im Natur- und Landschaftsschutz.
Am 7.9.2020 wird sich der BA Sendling mit dem Bauantrag des DAV für eine dritte Boulderhalle in Thalkirchen befassen. Der BA wird wohl einstimmig gegen den Bauantrag stimmen. Die ersten beiden Hallen, gegen die der BA ebenfalls votiert hatte, liegen im Landschaftsschutzgebiet. Sie wurden von der LBK durchgewunken. Michael Düchs ist Vorstandsmitglied des Trägervereins; ihm zufolge „gibt es keine Erweiterung, sondern nur eine Modernisierung“. Die neue Hallenanlage sei ökologisch besser als die alte Freianlage. Zum Vergleich: Die alte Freiluftanlage hat sechs bis zehn Meter; die neue Halle ist 13 Meter hoch und über 50 Meter breit.2
Der DAV hat in München 200.000 Mitglieder, damit ist er nach dem FC Bayern der zweitgrößte Verein. Der DAV hatte im August 2019 aufgrund der Ablehnung des Planungsreferats seine Hallen-Neubaupläne zurückgezogen. Dann startete er eine Online-Petition (siehe oben) unter seinen über 1,3 Millionen Mitgliedern: Es fanden sich 10.000 Unterstützer, davon knapp 7000 aus München. Die OB-Kandidatinnen Kristina Frank (CSU) und Katrin Habenschaden sprachen sich im Wahlkampf angesichts des DAV-Wählerpotentials für den Hallenbau aus, dann wollte auch die SPD eine gemeinsame Lösung. LBK-Chef Cornelius Mager beurteilte die Neubaupläne als gelungenen Kompromiss; die neue Halle würde sowieso nicht in der Frischluftschneise liegen. Mit der neuen Halle wird es diesen Sendlinger Grünzug bald nicht mehr geben, befürchten die Kritiker. Dazu kommt der jetzt schon bestehende Verkehrsdruck: Der DAV erhofft sich eine Steigerung der Nutzerzahlen um 30 Prozent.2

Konkurrenz greift ein. Der DAV hat schon 2011 seine Anlage in Thalkirchen um 1200 qm erweitert. Beim jetzt geplanten Neubau kann der DAV beim Neubau der Boulderanlage erneut zusätzlich 1500 qm realisieren. Ein privater Betreiber von einigen Boulderhallen in München möchte nun von der LH München wissen, welche finanzielle Sportförderung der DAV erhält, da eine „erhebliche Gefahr von Wettbewerbsverzerrung“ besteht. Der DAV habe seine Anlagenerweiterung weit über die Bedürfnisse der DAV-Mitglieder erweitert. Er erhält öffentliche Förderungen, die private Betreiber nicht erhalten, Dies wirkt wettbewerbsverzerrend. Für den privaten Konkurrenten ist der Bedarf an Boulderanlagen im Gebiet der LH München abgedeckt. Außerdem steht in den Sportförderrichtlinien, dass eine Anmietung von Flächen privater Anbieter gegenüber Neubauten vorzuziehen ist.3
Das Tarifbeispiel4:
Nutzer ohne Mitgliedschaft im Alpenverein

Pro Eintrittnur BouldernHappy Hour
Erwachsene18,00 €10,90 €12,90 €
Kinder, Jugendliche (unter 18 Jahre)14,50 €9,50 €10,90 €
Bergführer, Mitglieder Bergwacht18,00 €10,90 €12,90 €

Michael Dücks vom Trägerberein Kletter- und Boulderzentrum München hält diese Frage als vom EuGH geklärt; dieser hätte dem DAV zugestanden, für seine Mitglieder Hallen zu bauen und zu betreiben. Dücks: „Wir sehen uns nicht als Fitnessstudio, wir wollen unsere Mitglieder auch für unsere Werte begeistern, für Natursport, für den Wert des Draußen-Seins.“5
Deshalb reißt der DAV seine Boulder-Freianlage ab und baut eine – finanziell sehr lukrative – neue Indoor-Kletterhalle?!?!
Planungsausschuss des Stadtrats stimmt zu
. Am 28.10.2020 hat der Planungsausschuss mit den Stimmen der Grünen, der SPD und der CSU dem Neubau der DAV-Halle zugestimmt.
Grün-Rot hat sich vor der Stadtratswahl dem DAV wegen einer digitalen Abstimmung unterworfen: Dann kommt eben so ein Ergebnis heraus.
Die stellvertretende Vorsitzende des BA Sendling, Dagmar Irlinger (Grüne), hält dagegen die Pläne für unzulässig: Die Darstellung der Halle sei beschönigt, dabei ist sie ein „riesiger Klotz“ mit 50 Meter Länge und 13,5 Meter Höhe.6

Schrein als Denkmal? Die Landtags-Grünen gestehen dem 1989 erbauten Kletterfelsen einen Denkmalwert zu. Der BA 6 Sendling hatte deshalb schon im März 2021 eine Prüfung beantragt. Vor der Kommunalwahl 2020 hatten sich CSU, SPD und Grüne für den Neubau ausgesprochen – nachdem der DAV einen entsprechenden Online-Druck ausgeübt hatte, siehe oben. Im grün-roten Koalitionsvertrag wurde die Zustimmung für die neue Boulderhalle festgeschrieben.7

Schrein kein Denkmal. Die LBK hat (wie so vieles anderes auch) den Abriss der 1989 errichteten Boulderanlage „Schrein“ genehmigt, die vom DAV umgehend bis Ende 2021 abgerissen werden wird. Bis Ende 2022 soll die zweistöckige Boulderhalle fertig sein. Interessante Begründung des DAV: Die neue Halle – 13 Meter hoch, 50 Meter lang -, soll die Frischluftschneise angeblich weniger stören als die alte Kletteranlage. Der gesamte BA Sendling war dagegen, ebenso wie der Großteil der Anwohner in den Bürgerversammlungen. Entschieden wurde das Projekt im Vorfeld der Kommunalwahl von März 2020: Zuerst übte der DAV (200.000 Mitglieder in München) mit Hilfe einer Online-Petition und 10.000 Stimmen (und vielen Abstimmern von außerhalb) Druck auf die Stadtpolitik aus (siehe oben). Dann stellte sich OB Dieter Reiter (SPD) hinter das Projekt, ebenso wie seine Konkurrentinnen Katrin Habenschaden (Grüne) und Kristina Frank (CSU).8

  1. Lotze, Birgit, Die Griffe falsch gesetzt, in SZ 27.3.2020 []
  2. Lotze, Birgit, In schwierigem Gelände, in SZ 3.9.2020 [] []
  3. Lotze, Birgit, Die Konkurrenz wert sich, in SZ 28.10.2020 []
  4. www.kbthalkirchen.de/eintrittspreise/, abgerufen 16.1.2022 []
  5. Lotze, Birgit, Die Konkurrenz wehrt sich, in SZ 28.10.2020 []
  6. Die Halle ist beschlossen, in SZ 29.10.2020 []
  7. Wolfram, Jürgen, Der Schrein des Anstoßes, in SZ 15.7.2021 []
  8. Raff, Julian, Es geht aufwärts, in SZ 10.11.2021 []
Objekt-Nr. 31720

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