Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Januar 1992

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Januar 1992: Wachstum Region München. Im Jahr 1990 wuchs die Bevölkerung der sieben Landkreise um München um 40.000 Einwohner: Das wäre die Größenordnung der Stadt Freising. Vor zehn Jahren lagen die Baulandpreise in den 85 Gemeinden der sieben Landkreise um München unter 200 DM pro Quadratmeter. Die Preisklasse 800 bis 1000 DM gab es damals noch nicht. 1990 lagen die Preise hier schon in 32 Gemeinden so hoch; in der untersten Preisklasse bis 200 DM gab es Bauland nur noch in 32 Gemeinden.
Florian Reichhold vom Äußeren Wirtschaftsverband München erläuterte Ende 1991 einige Gründe für die stark gestiegenen Baulandpreise: günstige Lage im MVV, spekulatives Ansteigen, Ursachen im Steuer- und Bodenrecht. Die Gemeinden hielten etwa 3100 Hektar für künftige Wohnbebauung vor. Dies führte in einigen Orten zum „Einheimischenmodell“, das die ortsansässige Bevölkerung bevorzugte: In den letzten zehn Jahren sind so 6000 Wohneinheiten entstanden und derzeit 2800 weitere geplant. Für München sieht OB Georg Kronawitter noch Entwicklungsmöglichkeiten im Osten auf 500 Hektar (Messe, Wohn- und Gewerbeansiedlungen, Grünflächen) und um das Gut Freiham, dazu Kasernenfläche wie die Fürst-Wrede-Kaserne.1

Januar 1992: Streit um die Bebauung der Panzerwiese. Der damalige Leiter der SZ-Lokalredaktion und des Münchner Stadtanzeigers, Franz Freisleder, zeigte sich empört über die seiner Ansicht nach zu geringe Zahl von 2550 Wohnungen am Rand der Panzerwiese: Auch bei 4000 bis 6000 Wohnungen würden nur 159 von 200 Hektar überbaut. Münchens Wohnungssuchende hätten auf dem alten Truppenübungsplatz eine Schlacht verloren.2

Januar 1992: Bayerische SPD fordert neues Bodenrecht. Die damalige SPD-Vorsitzende Renate Schmidt hat im Januar 1992 Vorschläge für eine Reform des Bodenrechts vorgestellt. Innenminister Edmund Stoiber (CSU) hatte landesweit 38.000 Hektar Baugrund bestätigt, darauf wären 900.000 Wohnungen möglich. Um Spekulation von Grundbesitzern zu verhindern, will die SPD unbebautes Bauland steuerlich belasten, aber auch die Wohnbauförderung für mehr Bautätigkeit umgestalten. Auch sollte der Kauf von Genossenschaftsanteilen steuerlich begünstigt werden.3

Januar 1992: Staatliche Ämter werden verlagert. Innenminister Edmund Stoiber (CSU) äußerte, dass wegen der angespannten Lage auf dem Münchner Wohnungsmarkt immer mehr staatliche Aufgaben aus München abgezogen werden müssten. OB Georg Kronawitter (SPD) bezifferte die Reserven der Landeshauptstadt auf 300 Hektar, das entspräche über 20.000 Wohnungen.4

  1. Appel, Dieter, Jedes Jahr kommt eine ganze Stadt dazu, in SZ 4.1.1992 []
  2. Freisleder, Franz, Verlorene Schlachten auf der Panzerwiese, in SZ 24.1.1992 []
  3. Schmitt, Peter, Neues Bodenrecht soll Baulandmangel kuriere, in SZ 28.1.1992 []
  4. Rehm, Martin Gegen ‚Blockade-Politik‘ beim Wohnungsneubau, in SZ 28.1.1992 []
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