Aktualisiert 19.3.2023
Februar 2022: Exodus der Kfz-Werkstätten. In München werden freie Autowerkstätten häufig vom Wohnungsbau vertrieben. Die alten Eigentümer sterben; die Kinder setzen auf den lukrativeren Wohnungsbau und lassen die Werkstätten abreißen. Werkstättenbetreiber berichten von 25.000 Euro Monatsmiete. Ein Kfz-Betrieb musste viermal umziehen: von Fasangarten nach Haidhausen nach Giesing nach Feldkirchen. Hinzu kommen die immer schwierigeren Auflagen der Autokonzerne, denen die freien Werkstätten ein Dorn im Auge sind.1 – Ähnlich erging es der Autowerkstatt der Familie Sommerer, wo noch drei Generationen wirken. Ihre Werkstatt war fast 50 Jahre in Haidhausen, zuletzt seit 2009 in der Sedanstraße 6. Nun suchen sie nach der Kündigung ihres Vermieters eine neue Werkstatt im Münchner Osten.2
Das ist in München nicht nur ein Problem von Kfz-Betrieben, sondern von vielen kleinen Gewerbe- und Handwerksbetrieben, deren Werkstätten und Gewerbeflächen durch die hohen Mieten verdrängt werden.
Nachtrag März 2023: Die Werkstatt Sommerer zog in das Perlacher Gewerbegebiet um.3
Februar 2022: Steuererleichterungen gefordert. Das bayerische Kabinett beschloss am 1.2.2022, durch Steuererleichterungen bei Grundstücksverkäufen den Wohnungsbau zu forcieren. Viele Eigentümer würden wegen der hohen Steuern nicht verkaufen. Deshalb sollen kleinere Flächen steuerfrei an die öffentliche Hand verkauft werden können, dazu sollen erweiterte steuerbegünstigte Reinvestitionen bei Betrieben möglich sein. Die Bundesländer sollen auch die Möglichkeit erhalten, im Fall des Ersterwerbs von Wohnungen zur Eigennutzung den Grunderwerbsteuer-Freibetrag selbst festsetzen zu können.4
Februar 2022: Von KfW-55 zu KfW-40. Ende Januar 2022 stoppte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die KfW-Förderung – um sie dann eine Woche später wieder aufzunehmen für Anträge, die vor dem 24.1.2022 eingereicht waren. (Vgl. Januar 2022) Der Standard KfW-55 soll bald der Mindeststandard sein, ab 2025 ist es dann KfW-40. Die meisten der gestellten Anträge kamen von großen Bauträgern, die nun mit Milliarden Euro aus dem Energie- und Klimafonds alimentiert werden. Außer Acht geriet die Sanierung der 21 Millionen Altbauten: Zwei Drittel der Gebäude in Deutschland wurden vor 1977 gebaut. Aktuell wird pro Jahr nur etwa ein Prozent energetisch saniert. Ein Grund besteht in dem Umstand, dass weniger als die Hälfte der deutschen Wohnungen von den Eigentümern bewohnt wird: Die meisten sind vermietet. Bei Sanierungen muss zunächst der Eigentümer in Vorleistung treten und kann dann acht Prozent pro Jahr (beschränkt auf sechs Jahre) auf den Mieter umlegen. Hohe Heizkosten können dagegen umgehend über die Nebenkostenabrechnung weitergegeben werden.5 – Der GdW warnte, dass durch den Stopp 145.000 Wohnungen nicht gebaut und 70.000 nicht komplett saniert würden. 23 Prozent der Mitgliedsunternehmen möchten gar keine Neubauten mehr planen. GdW-Präsident Axel Gedaschko äußerte, das Ziel von 400.000 Wohnungen sei nicht mehr zu erreichen. Beim Standard EH 55 müsste nach GdW-Berechnungen ohne Förderung die Kaltmiete um 1,50 Euro, beim Standard EH 40 um zwei bis vier Euro steigen.6
Februar 2022: 400.000 Wohnungen – und der Leerstand. Jährlich sollen 400.000 Wohnungen gebaut werden – das will die Ampelkoalition. Dabei liegt die Leerstandsquote in Gegenden der den neuen Bundesländern, aber auch vielen Regionen der alten Bundesländer bei über sechs Prozent.5
Dazu wäre eine neue Arbeitsplatz-Strategie nötig: nicht mehr Arbeitsplätze dort ansiedeln bzw. anlocken, wo jetzt schon eine Boomregion vorliegt (München!), sondern Arbeitsplätze in Gebiete bringen, wo genügend Wohnungen vorhanden sind.
Februar 2022: Wechsel in der Stadtgestaltungskommission. Die 27 Mitglieder tagen jährlich sechs Mal. Sie setzt sich zusammen aus zehn freiberuflichen Architektinnen und Architekten sowie Vertretern des Stadtrats, der Denkmalpflege, der Akademie der Schönen Künste und dem Stadtheimatpfleger. Anfang Februar 2022 wurden fünf neue Mitglieder, die vom Planungsreferat und der Bayerischen Architektenkammer vorgeschlagen wurden, vom Stadtrat ernannt: Architektin Verena Schmidt vom Berliner Büro Teleinternetcafé (Kreativquartier), Peter Brückner (Tirschenreuth), Michaela Wolf (Brixen), Regine Leibinger (Berlin) und Landschaftsarchitektin Doris Grabner (Freising).7
Februar 2022: Die Milliarden vom Wohnungsbau. Im Koalitionsvertrag der Ampel sind die 400.000 Wohnungen (darunter 100.000 Sozialwohnungen) festgeschrieben. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) definierte das Problem so: „Klima, Neubauten, Mieterschutz – allen Anforderungen gerecht zu werden, ist die Quadratur des Kreises.“ So bedeutet eine energetische Sanierung normalerweise eine höhere Miete: Diese Differenz zur vorigen Miete soll dem Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zufolge vom Staat ausgeglichen werden. I-Bau-Vorsitzender Robert Feiger warnte vor zu niedrigen Energiestandards, bei denen die Immobilien dann nach wenigen Jahren nachsaniert werden müssten. Mit 85 Milliarden Euro aus dem Energie- und Klimafonds sollen aber nicht nur Wohnungen gefördert werden: Auch die Mobilitätswende und der Ausbau der erneuerbaren Energien sollen davon finanziert werden. Auch deshalb ist die Immobilien-Lobby längst auf dem Plan. Axel Gedaschko ist Präsident des Vermieterverbandes GdW und hatte schon eine Videoschaltung mit Geywitz. Der Präsident von Haus + Grund, Kai Warnecke, stellte Widersprüchlichkeiten fest: Es soll viel gebaut, aber gleichzeitig die Mietpreisbremse verlängert werden. Dazu sei die weitere Förderung durch die KfW unklar.8
Februar 2022: Moosacher Bahnhof wird aufgestockt. 1892 wurde der Moosacher Bahnhof mit der roten Ziegelfassade an der Bunzlauer Straße 1 gebaut. Die Deutsche Bahn verkaufte ihn 2007 an MCapital GmbH. Der Investor legte nun Pläne vom Münchner Büro Stenger2 Architekten und Partner vor. Das Satteldach wird abgebaut, und der dreigeschossige Bahnhof erhält zwei weitere Geschosse mit gläserner Fassade, die zur Büronutzung geplant sind. Der Moosacher BA hatte die bisherigen Pläne zum Umbau des Bahnhofs abgelehnt. Der Vorsitzende Wolfgang Kuhn (SPD)erläuterte die ablehnende Haltung zu den neuen Umbauplänen: Der Bahnhof ist das letzte Gebäude aus dieser Zeit und verlöre durch die Aufstockung seine Gestalt. Dazu sei der historische Dreiklang Rathgeber-Villa (unter Denkmalschutz), die südliche Bahnhofsgaststätte und eben der Bahnhof gestört: Da könne man den Bahnhof auch gleich abreißen. Im Gegensatz zum BA war die Stadtgestaltungskommission mehrheitlich angetan von den Umbauplänen. Der anwesende Leiter der LBK, Cornelius Mager, war damit hoch zufrieden.9
Februar 2022: Turmbau zu Sendling. An der Lindwurmstraße 122 stand einmal der Maibräu-Komplex, der vor zehn Jahren saniert worden war. Jetzt will der österreichische Investor Trivium auf dem Grundstück 50 Wohnungen und einen siebenstöckigen Turm bauen. Die Wohnungen seien im Durchschnitt 34 qm groß und ließen eine Nutzung als Single-Apartments vermuten. Im Oktober 2021 hatte die Bürgerversammlung die Pläne mit Zustimmung des BA abgelehnt, auch weil im begrünten Innenareal viele Vogelarten, Zauneidechsen und Fledermäuse festgestellt wurden. Die drei Kellergeschosse würden auch den Grundwasserbereich beeinflussen. Außerdem beeinträchtige der Bau das denkmalgeschützte Ensemble um die alte Sendlinger Kirche. Das Planungsreferat teilte dem BA mit, dass die LBK den Antrag auf Vorbescheid genehmigen wird, da die Baulinien eingehalten würden. Der BA blieb bei seiner Ablehnung, auch weil Trivium die angrenzenden gewerblich genutzten Grundstücke Bavariastraße 28 bis 36 gekauft habe, die nun vermutlich auch dichter neu bebaut werden sollen.10
Februar 2022: BürgerInnengutachten PaketPost-Areal München. Dessen „Ergebnisse“ wurden am 11.2.2022 unter großer Begeisterung von OB Dieter Reiter („Es hat sich gelohnt!“) und Stadtbaurätin Elisabeth Merk gefeiert. Dabei sind im Gutachten meist keine konkreten Aussagen und auch keine konkreten Mehrheitsangaben verzeichnet, sondern „mehrheitlich“, mit Mehrheit“ etc. Die 39 Referent*innen (siehe S. 11) wurden vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung ausgewählt. Das Ergebnis in meiner Zusammenstellung: 13 VertreterInnen der LH München und 13 VertreterInnen des Investors Büschl Unternehmensgruppe (macht 66 Prozent) standen 4 Kritiker und 9 undefinierte ReferentInnen gegenüber.
Wie sagte Gerhard Polt: „Ich brauch keine Opposition, ich bin schon Demokrat!“
Vgl.: Paketposthalle
Februar 2022: Deutsche Immobilien-Blase (1). Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) konstatierte eine „hohe und wachsende Überbewertung“ in Deutschland und empfiehlt strengere Maßnahmen. Risiken lägen im starken Preisanstieg. zu lockeren Kreditvergabestandards und fehlenden Daten bei den Immobilienkrediten. Für den ESRB ist die LTV-Quote („loan-to-risk“) wichtig: das Verhältnis des Kreditvolumens zum Immobilienwert. Je höher diese Quote, umso höher das Risiko, dass der Kredit nicht bedient werden kann. Die Bundesbank hat kürzlich den antizyklischen Kapitalpuffer auf 0,75 Prozent angehoben und möchte Systemrisikopuffer bei Immobilienkrediten von zwei Prozent einführen. Laut Statistischem Bundesamt haben sich im dritten Quartal 2021 die Preise für Wohnungen und Häuser um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr verteuert.11
Februar 2022: Deutsche Immobilien-Blase (2). Auch die Deutsche Bundesbank warnte in ihrem Monatsbericht vor einer Überbewertung. Die Immobilienpreise in den Städten lägen 15 bis 40 Prozent über einem realistischen Preis. Die Bundesbank sah bei der Bewertung von Wohnimmobilien eine große Unsicherheit, auch durch die gestiegenen Baupreise.
Der IVD hat in einer Hochrechnung für 2021 ein Kaufvolumen von 353,2 Milliarden Euro für private und gewerbliche deutsche Immobilien festgestellt: 13,7 Prozent mehr als 2020. Spitzenreiter war Berlin: Hier legten die Umsätze um 26,4 Prozent zu.12 – Die Überbewertung rühre auch von zu hoher Nachfrage und Lieferengpässen mit hohen Materialkosten. Hinzukommen werden künftig noch die gestiegenen Anforderungen an die Energieeffizienz.13
Februar 2022: Baustoff-Boom. Der VdW vertritt etwa 490 Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen in Bayern. Er konstatierte einen erneuten Preisanstieg bei Baumaterialien. Dadurch sei im geförderten Wohnungsbau wirtschaftliches Bauen fast nicht mehr möglich. 2021 seien Dachlatten um fast 65 Prozent und Bauholz um 61 Prozent im Vergleich zu 2020 gestiegen.14
Februar 2022: Bauen im Grundwasser. Der Investor Imfarr hat mit einem Partner 2021 die Highlight-Towers (Parkstadt Schwabing) und den vormaligen Postblock (Bayer- und Schwanthalerstraße) gekauft, dazu im Herbst 2020 ein Parkhaus an der Adolf-Kolping-Straße. Das Areal gehört der Stadt, die es noch für 50 Jahre im Erbbaurecht vergeben hat. Hier soll bis 2025 ein fünfgeschossiges Parkhaus entstehen, wo die Stellplätze für das 2026 in Betrieb gehende darüber liegende Gebäude mit E + 4 (von Ochs Schmidhuber Architekten geplant) untergebracht werden. Der frühere österreichische Bundeskanzler Werner Faymann war extra deswegen zu einem Besuch bei OB Dieter Reiter angereist. Angesichts der Probleme bei der Schillerstraße 3 und 5 wegen dem Grundwasserstau (vgl. Januar 2022) wird dieser tiefe Bau vom Wasserwirtschaftsamt genau geprüft.15
Februar 2022: Investoren in Obersendling. An der Kistlerhofstraßer 70 stehen die „Hirmer-Gebäude“, die vor kurzem vermutlich an den Investor Empira verkauft wurden. Bei der LBK liegt ein Antrag auf einen Bauvorbescheid. Die SPD-Fraktion im zuständigen BA wollte mit einem Dringlichkeitsantrag Auskunft über die Zukunft der Mieter in den Gebäuden bekommen. Man befürchte den Abriss der erst vor zehn Jahren sanierten Gebäude und einen Neubau. Die Mietverträge sind bis 2023 terminiert.16
Februar 2022: Vererbung erleichtert? Die schnell steigenden Preise für Immobilien machen eine Vererbung oft unmöglich, da auch die Erbschaftssteuer entsprechend ansteigt. Dies betrifft nicht nur Luxusimmobilien, sondern ganz normale Familien und Individuen. Deshalb forderte der Bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) nun eine Erhöhung der Freibeträge beim Bund. Außerdem sollten die Länder die Höhe der Erbschaftssteuer selbst festsetzen können.17
Februar 2022: Staatsbauschule in Gefahr. An der Karl-, Barer- und Ottostraße errichteten 1957 die Architekten Adolf Peter Seifert, Rolf ter Haerst und Franz Ruf das Gebäude für die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Staatsbauschule für die drei Baufakultäten Architektur, Bauingenieurwesen, Geoinformation. Hier zog die Fachhochschule München ein (heute: Hochschule für Angewandte Wissenschaften München, HM). Die HM zog dann um in den HM-Campus an der Dachauer Straße/Lothstraße. Nun könnte das Grundstück samt dem Komplex Staatsbauschule verkauft werden, da die HM sich auf einem Grundstück der Stadtwerke erweitern will. Der Freistaat will das Grundstück der Stadtwerke noch 2022 kaufen.18
Hier hat mein Freund Prof. Patrick Deby jahrzehntelang gelehrt.
Februar 2022: BMBI-Webseite. Webseite vom Bund Münchner Bürgerinitiativen (BMBI) geht ans Netz.
Zur Webseite: hier
- Meschede, Laura, Schrauber-Krise in der Stadt, in Abendzeitung 1.2.2022 [↩]
- Niesmann, Sonja, Neue Werkstatt gesucht, in SZ 9.2.2022 [↩]
- Niesmann, Sonja, Ein Happy End für die Autonarren, in SZ 18.3.2023 [↩]
- DPA, Steuererleichterungen für Grundstücksverkäufe, in SZ 2.2.2022 [↩]
- Radomsky, Stephen, Milliarden für den Schornstein, in SZ 5.2.2022 [↩] [↩]
- Verband fürchtet Baustopp bei 145.000 Wohnungen, in spiegel.de 11.2.2022 [↩]
- Krass, Sebastian, Münchens Baukunst und der Einfluss der Experten, in SZ 8.2.2022 [↩]
- Preuss, Roland, Radomsky, Stephan, Reden ist Gold, in SZ 9.2.2022 [↩]
- Naujokat, Anita, Glasetagen ohne Kuschelaufsatz, in SZ 10.2.2022 [↩]
- Raff, Julian, Streit um Neubau in Sendling, in SZ 10.2.2022 [↩]
- EU-Experten halten deutschen Immobilienmarkt für teilweise überbewertet, in spiegel.de 11.2.2022 [↩]
- Immobilien in den Städten sollen bis zu 40 Prozent überbewertet sein, in spiegel.de 21.2.2022 [↩]
- Zydra, Markus, Angst vor der Blase, in SZ 22.2.2022 [↩]
- Gerl, Maximilian, Verband beklagt hohe Baustoffpreise, in SZ 11.2.2022 [↩]
- Krass, Sebastian, Risiko Grundwasser, in SZ 11.2.2022 [↩]
- Wolfram, Jürgen, Angst vor der Abrissbirne, in SZ 14.2.2022 [↩]
- Bayerischer Finanzminister fordert höhere Freibeträge bei Erbschaftssteuer, in spiegel.de 19.2.2022 [↩]
- Dürr, Alfred, Zum Jubiläum eine ungeklärte Zukunft, in SZ 23.2.2022 [↩]