Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Gewerberaum statt Wohnungen

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Oktober 2019: Bündnis gegen Nachverdichtung. Am 16.10.2019 soll ein Bürgerbegehren gegen eine „maßlose Nachverdichtung“ in die Wege geleitet werden. Initiatoren sind Freie Wähler, ÖDP, München-Liste und Forum Lebenswertes München. In München werden immer mehr teure Neubauten errichtet, Grünflächen versiegelt, Naherholungsflächen überbaut. Es dürfen deswegen keine Grünflächen mehr für Wohnungsbau zerstört werden, die „maß- und regellose Nachverdichtung“ muss beendet werden. Der Grünflächenanteil pro Neubauwohnung soll wieder auf die frühere Größe von 20 Quadratmeter erhöht werden. Es sollen auch keine neuen Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden, da durch sie die Wohnungsnot erhöht wird. Die Organisatoren nannten eine interessante Proportion: Für jeden neuen Quadratmeter Gewerbefläche entsteht ein Wohnbedarf von vier Quadratmetern.1

Von Wohnungen zu Gewerbe zu Wohnungen zu Gewerbe … Wenn die Mieten für Wohnraum höher sind als für Büroraum, baut der Investor Wohnungen. Wenn die Mieten für Gewerberaum höher sind als für Wohnraum, baut der Investor Gewerberaum. Vor der Corona-Pandemie lag der Gewerberaum vorn. Nun ist aber seit März 2020 in Corona-Zeiten Home-Office angesagt: Viele Büroflächen könnten überflüssig werden. Aber Immobilienplanung und -investitionen sind wie ein Großtanker: Beide haben eine lange Bremsspur. Ein paar Beispiele:

Parkstadt Schwabing: Argenta kündigte um 2020 an, keine 800 Wohnungen, sondern mehrere Bürogebäude zu bauen, darunter die neue Münchner Zentrale für Amazon.
Zündapp-Gelände: Der geplante Wohnungsbau mit 515 Wohnungen an der Anzinger Straße 23 und 29 wurde durch die Firma Siebengebirge (Pandion Gruppe) zunächst auf 360 Wohnungen reduziert. Als Grund wurden Emissionen des benachbarten Qualcomm-Betriebes genannt. Im September 2020 wurde der Wohnungsbau ganz abgesagt und nur noch Gewerberaum vorgesehen. Wieder einmal konnte oder wollte das Planungsreferat nichts dagegen unternehmen und stimmte wegen „verbleibender Rechts- und Realisierungsrisiken“ zu. Der BA Berg am Laim war verärgert. Im Flächennutzungsplan ist das Areal als Wohngebiet ausgewiesen. BA-Vorsitzender Alexander Friedrich (SPD) klagte: Wenn immer mehr Büros entstehen, wo sollen die Leute wohnen?“2
Reinhold Raster, der Münchner Niederlassungsleiter von Pandion, kündigte schon im Frühsommer 2019 an, den Wohnungsbau zugunsten der höheren Büromieten zu beenden: Er nannte Büromieten von 27 bis 37 Euro pro Quadratmeter; zudem entfalle die SoboN.3

  1. Effern, Heiner, Hutter, Dominik, Bürgerbegehren gegen Nachverdichtung, in SZ 8.10.2019 []
  2. Gerdom, Ilona, „Wo sollen die Leute wohnen?“, in SZ 15.9.2020 []
  3. Krass, Sebastian, Nur noch Büros statt 360 neuer Wohnungen, in SZ 21.9.2020 []
Moloch München Eine Stadt wird verkauft

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