Moloch München Eine Stadt wird verkauft

April 2023

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 26.7.2023

Nicht vergessen: Für Bürgerentscheid HochhausSTOP stimmen und Unterschriften sammeln: hier

Infoveranstaltung für Erhalt der Siedlung „Neue Heimat“ (Baubergerstraße): Sonntag, 2.4.2023, 10 – 18 Uhr. Ort: „Borstei“, Franz-Marc-Straße 8, Veranstalter: Dr. Joseph Jordan.
Motto: Sanieren statt planieren.
Unterschriftsliste für den Erhalt der Wohnblöcke südlich der Bauberger- beidseits Karlingerstraße
Weiterer Termin: Kundgebung für den Erhalt der „neuen Heimat“ beidseits der Karlingerstraße ein (Wohnsiedlung Bauberger-, Karlinger-, Gubestraße). Wo: „Alter Wirt“, Dachauer Straße 274; Wann: Montag, 24.04.2023, 17:00 bis 21:00 Uhr; ab 18:30 Teilnahme an der Bürgersprechstunde des Bezirksausschusses

Chef der „Münchner Wohnen“ gesucht. Die Bewerbungen für den CEO-Posten in Deutschlands viertgrößtem kommunalen Wohnungsunternehmen laufen. Dieses soll aus dem geplanten Zusammenschluss der Gewofag und ihrer Schwester Gesellschaft GWG zur „Münchner Wohnen“  entstehen und über fast 70.000 Wohnungen verfügen. Die Gewofag wird nach dem Rausschmiss von Klaus-Michael Dengler derzeit von der Architektin Doris Zoller kommissarisch geführt. Sie wird vermutlich nicht. kandidieren. Auch die GWG wird seit dem vergangenen Jahr von einem Interimschef geführt. Als Vorstandsposten für das operative Geschäft der „Münchner Wohnen“ ist der SPD-Fraktionschef Christian Müller vorgesehen. 1

HochhausSTOP demonstriert. Seit elf Monaten sammelt eine Initiative um den CSU-MdL Robert Brannekämper und dem ehemaligen Münchner SPD-Stadtrat Wolfgang Czisch Unterschriften für einen Bürgerentscheid gegen die geplanten Hochhäuser bei der Paketposthalle. Am 3.4.2023 protestierte ihre Initiative HochhausSTOP am Marienplatz gegen die Büschl-Hochhäuser. Auf einem Plakat stand: „Herr Büschl, wenn Sie München etwas schenken wollen, warum erpressen Sie dann?“ Die vorgeschlagene Nutzung als Interimsspielstätte für die bayerische Staatsoper hält Brannekämper für illusorisch, da eine Halle im Untergrund der Halle Unsummen kosten würde. Czisch und er forderten die Stadt auf, die Entwicklung des Quartiers selbst in die Hand zu nehmen. „Der Investor macht die Stadtplanung, die Stadt dackelt hinterher“ sagt Brannekämper. Laut HochhausSTOP habe man die Hälfte der für einen Bürgerentscheid nötigen 33.000 Unterschriften gesammelt.2

Digitale Wohnnomaden im Portugal. Kleiner Ausflug nach Portugal: Am Samstag 1.4.2023 demonstrierten tausende Portugiesen für das Recht auf Wohnen und forderten günstige Wohnungen und mehr sozialen Wohnungsbau. Viele arbeitende Portugiesen sind obdachlos oder müssen wegen lukrativerer Touristenunterkünfte ausziehen. Laut Eurostat stiegen die Kaufpreise für portugiesische Immobilien zwischen 2010 und 2022 um über 75 Prozent, die Mieten um knapp 25 Prozent. Über die Hälfte der portugiesischen Beschäftigten verdient weniger als 1000 Euro im Monat; die durchschnittliche Miete in Lissabon liegt bei 1350 Euro im Monat. „Lissabon ist ein beliebter Wohnort für sogenannte digitale Nomaden, also Menschen, die von überall aus arbeiten können. 2022 stand die Stadt auf Platz eins der „Nomad List„, eines Rankings der besten Städte für digitale Nomaden weltweit.“3

Hohenzollernkarree. Investoren in Torschlusspanik? Der Preis fällt in zwei Monaten von 200 auf 125 Millionen Euro – und die Stadt kauft.
Vgl.: Hohenzollernkarree

Geburtstagsglückwünsche der Stadt für einen seiner Ober-Investoren. Zu den berühmten Empfängen in der Villa von Argenta-Chef Helmut Röschinger an der Prinzregentenstraße erschien auch gern die Politprominenz: von Edmund Stoiber über Theo Waigel und Horst Seehofer und natürlich der frühere Münchner OB Christian Ude. Zum 80. Geburtstag von Helmut Röschinger, Argenta Unternehmensgruppe, gratulierte OB Dieter Reiter (SPD) und lobte dessen Wirkung euphorisch: „… Ihnen für Ihr langjähriges, vielseitiges und erfolgreiches Wirken, insbesondere für den Wirtschafts- und Immobilienstandort München, zu danken. (…) Während Ihrer Schaffenszeit bei der ARGENTA Unternehmensgruppe, der Sie bereits über ein halbes Jahrhundert vorstehen, haben Sie der Landeshauptstadt stets die Treue gehalten und einen maßgeblichen Beitrag geleistet, damit unsere Stadt zu den führenden Immobilienstandorten in Deutschland und Europa aufschließen konnte. Mit der Ansiedlung von Weltkonzernen wie Microsoft und Amazon in der Parkstadt Schwabing haben Sie branchenweit neue Maßstäbe gesetzt. Als Gründungsinitiator der internationalen Immobilienmesse MIPIM in Cannes, als Beirat der Expo Real bei der erfolgreichen Positionierung der Stadt in der Immobilienwelt.“4
Der Moloch München und seine Manager …

Bauen von Wohngebäuden noch teurer. Ihr Neubau kostete im Februar 2023 laut Statistischem Bundesamt um 15,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Gründe sind überhöhte Preise für Boden und Bestandsimmobilien, aber auch die Baupreise selbst durch das Ende der Niedrigzinsphase. Rohbauten waren um 13,7 Prozent teurer, Betonarbeiten um 15,2, Maurerarbeiten um 12,7, Dachdeckerarbeiten um 17,1, Heiz- und Wassererwärmungsanlagen um 18,2 Prozent. Die führenden Wirtschaftsinstitute schlagen eine Senkung der Grunderwerbssteuer vor.5

Aus dem Untersuchungsausschuss zum Nürnberger Zukunftsmuseum. Im September 2014 setzte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Idee eines Zukunftsmuseums in Nürnberg in die Welt. Bereits 2018 wollte er „etwas zum Anschauen/Anfassen haben“. Im Frühjahr 2016 wurde dafür der Augustinerhof der Alpha Gruppe (Eigentümer Gerd Schmelzer) ohne Konkurrenzobjekt erwählt. (Schmelzers Ehefrau Julia Lehner ist CSU-Stadträtin und Nürnberger Kulturreferentin.) Söder informiert über die Wahl des Augustinerhofs am 10.6.2016. Am 2.6.3017 wird der Mietvertrag über 25 Jahre und 200 Millionen Euro Kosten unterzeichnet. 2017 und 2019 spendet Schmelzer je rund 45.000 Euro an die CSU. Der ORH bemängelte 2022, dass „keine günstigere Risikoverteilung“ erreicht wurde und sprach von einem „vermieterfreundlichen“ Vertrag.6 – Die Ampel-Opposition hat am 3.4.2023 eine Durchsuchung der Münchner CSU-Parteizentrale beantragt, weil trotz einstimmiger Aufforderung des Untersuchungsausschusses die CSU die Herausgabe von Spendenunterlagen Schmelzers verweigert. Grüne, SPD und FDP möchten so auch Spenden Schmelzers unterhalb der zu veröffentliche Grenze von 10.000 Euro erfahren.7
Vgl. dazu auch: Dezember 2022
Nachtrag Mai 2023: Das Zweitgutachten. Ein Kurzgutachten von Wüest Partner gelangte in kürzester Zeit an die Öffentlichkeit. Es war vom Untersuchungsausschuss (Vorsitzender MdL Josef Schmid, CSU) in Auftrag gegeben worden. Dieses Gutachten erklärte die 200 Millionen Euro Miete in 25 Jahren als „sehr hoch“, aber erklärbar. Eine Übervorteilung der Mieterseite (Zukunftsmuseum bzw. Freistaat) sei nicht erkennbar. Das „Erstgutachten“, das die Landtagsfraktionen von Grünen, SPD und FDP bei einem Nürnberger Sachverständigen in Auftrag gegeben hatten, kam zu dem Schluss, dass der Freistaat über die 25 Jahre insgesamt 35 Millionen Euro zu viel zahlen würde. Josef Schmid sah sich in seiner früheren Aussage bestätigt, dass die Opposition „hier nichts als billigen Wahlkampf macht“. MdL Sebastian Körber (FDP) wunderte sich, wie schnell das Gutachten medial bekannt wurde. Und dass der Gutachter das fertig eingerichtete Museum besichtigt habe, dessen Technik und Ausstattung vom Freistaat finanziert worden war. Am 27.4.2023 hatte CSU-Schatzmeister Sebastian Brehm als Zeuge im Untersuchungsausschuss ausgesagt, Gerd Schmelzer gehöre zu den Menschen, „die uns in Nürnberg unterstützen“.8
Gerd Schmelzer hatte schon vor seinem Auftritt am 8.5.2023 im Untersuchungsausschuss diesen als „politisches Spektakel“ und „durchsichtiges Wahlkampfmanöver“ der Opposition bezeichnet. Seine Miete sei angemessen; die wahre Steuerverschwendung sei dieser Untersuchungsausschuss. Schmelzer habe nie mit Söder über die Miete gesprochen (deren Gesamtsumme sich über die 25 Jahre auf rund 200 Millionen Euro addiert und der ORH deshalb den Mietvertrag als „vermieterfreundlich“ bezeichnete.9
Gutachten „erklärungsbedüftig“. So bezeichnete MdL Sebastian Körber (FDP) die beiden Kurzgutachten vom Beratungsunternehmen Wüest Partner und dem Immobiliendienstleister Colliers. MdL Verena Osgyan (Grüne) urteilte, beide Gutachten sollten das Museum und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) „von allen Vorwürfen reinwaschen“. Ausschussvorsitzender MdL Josef Schmid (CSU) zufolge brechen durch beide Gutachten die Vorwürfe gegen Museum und Söder „vollständig in sich zusammen“. Dagegen kommt ein im Auftrag der Opposition erstelltes ausführlicheres Gutachten vom Sachverständigen Eduard Paul zu dem Schluss, die zwei Marktanalysen seien „nicht verwendungsfähig“. Eine „Spezialimmobilie“ bedinge keine höhere Miete, außerdem seien Bauleistungen des Freistaats in zweistelliger Millionenhöhe als Kosten dem Investor Gerd Schmelzer angerechnet worden.10
Zeuge Söder. Der bayerische Ministerpräident Markus Söder (CSU) sprach gleich das Urteil. Er äußerte vor dem Untersuchungsausschuss: „Es ist alles nach Recht und Gesetz passiert, alle Vorwürfe und Verdächtigungen sind widerlegt.“ Das Deutsche Museum mit seinem Chef Heckl habe „zu jedem Zeitpunkt die Hoheit gehabt“. Von den Spenden Schmelzers (bekannt: 45.500 Euro 2018 plus 45.000 Euro 2019 plus weitere unter 10.000 Euro) habe Söder „keine Kenntnis“ gehabt.11

Anfrage von ÖDP/München-Liste. Am 13.4.2023 stellten die Stadtratsfraktionen von ÖDP/München-Liste eine Anfrage an OB Dieter Reiter (SPD): „Geldverschwendung oder konkreter Nutzen: Was bringt die von der PRFirma Heller & Partner erstellte sog. ‚Studie‘ ‚Gender Living‘ den GEWOFAGMieter:innen?“ Für die städtische Gewofag hat die Agentur Heller & Partner diese Studie zwischen 2016 und 2021 erarbeitet, die von der LH München bezahlt wurde. Die Anfrage möchte Informationen u. a., mit wem die Agentur vorab die Inhalte abgesprochen hat, worin der Nutzen des Films (außer für die Agentur) besteht, wer die Podiumsbesetzung mit Stadtbaurätin Elisabeth Merk, dem Immobilienverband BfW und dem Investor Ralf Büschl ausgewählt hat. „Es wird darum gebeten, dass die Gewofag bei der Beantwortung dieser Anfrage nicht auf die Formulierungskünste der Lobby- und R-Agentur zurückgreift.“

Studieren in München (1): 15.000 Studierende suchen ein Zimmer. Eine Initiative zweier TU-Studenten kämpft für eine Verbesserung der desaströsen Wohnsituation der Studenten in München. Laut Studierendenwerk München Oberbayern suchten 15.000 Studierende einen Wohnheimplatz. Ein Wohnheim-Platz kostet etwa 350 Euro. Auf dem freien Markt ist mit 700 bis 800 Euro zu rechnen. Beide Studenten fordern eine rasxche Sanierung der Freimanner Studentenstadt (Stusta 2.0) und Neubauten auf dem Garchinger TU-Campus. München hat heute rund 140.000 Studenten. Das sind mehr als doppelt so viele wie in den siebziger Jahren, als die Studentenstadt in Freimann gebaut wurde. (Durch einen Brand sind dort viele Wohnungen nicht mehr benutzbar). Das bayerische Kabinett hat im September 2022 beschlossen, zwei der größten Häuser der Stusta zu übernehmen und zu sanieren; Geschehen ist bisher nichts. Neben der raschen Sanierung fordern die Studenten, auf dem TU-Campus in Garching Neubauten zu errichten. Die Wohnmisere ist ein Grund, dass viele nicht in München studieren. Je mehr Studierende im Wohnheim unterkämen desto geringer wäre die Konkurrenz mit Geringverdienern auf dem freien Markt. Wenn die Staatsregierung so stolz auf die beiden „Exzellenz“-Unis in München sei, dann müsste sie auch mehr dafür tun, dass Studenten auch ein Zimmer finden, sagen die beiden Aktivisten.12
„Leerstand made by CSU“. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) besuchte am Semesterbeginn den TUM-Campus in Garching. In einem Kommentar stellte Bernd Kastner fest, Söder könne froh sein, dass er nur zu Besuch an der TU in Garching gewesen sei und nicht dort studiere. Sonst hätte auch er „die irdischen Probleme der meisten Münchner Studierenden“. Der Grund dafür seien „jahrelange Versäumnisse der Söder’schen Staatsregierung“. 1300 Apartments etwa stünden in der Studentenstadt seit Jahren leer. Die Söder-Regierung sollte dem unterfinanzierten Studierendenwerk endlich genug Geld geben, um die Wohnheime der „Stusta“ zu sanieren.13
Nachtrag Juni 2023:
Der seit 27 Jahren amtierende Vorsitzende des Studentenwerk-Verwaltungsrats, Paul Siebertz, Jurist und früherer HVB-Vorstand, hat seinen Rücktritt angekündigt und dem seit Anfang 2022 amtierenden Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) kritisiert, der zuvor dem Studentenwerk Missmanagement vorgeworfen hatte. Blume hatte im August 2022 einen Antrag des Studentenwerks auf 24 Millionen Euro Sonderzuschuss als „völlig utopisch“ abgelehnt. Nicht utopisch waren hingegen für Blume kurze Zeit später die 32 Millionen Euro, die Blumes Ministerium dann für die Sanierung zuschießen wollte: allerdings nun mit der BayernHeim, welche die zwei größten Häuser (etwa tausend Plätze) übernehmen sollte. Blume kommentierte den Rücktritt von Siebertz so: „Ich freue mich, dass Herr Dr. Siebertz den Weg frei macht für einen Neuanfang auch im Verwaltungsrat“.14
Auch eine unfeine Art Blumes, sich für 27 Jahre vermutlich ehrenamtlicher Tätigkeit zu bedanken.

Studieren in München (2): Nur für reicher Leute Kind. 9000 Wohnheimplätze gibt es für die gut 140.000 Studentinnen und Studenten in München: Sie kosten im Durchschnitt 374 Euro. Auf dem freien Wohnungsmarkt kostet ein Zimmer laut Untersuchungen im Durchschnitt 720 Euro pro Monat. Der Mieterverein äußerte dazu, es könne nicht sein, dass nur noch die Studierenden aus vermögenden Familien in den teuren Hochschulstädten wohnen können.15

Studieren in München (3): zwei weitere Häuser marode und leer. In der Schwabinger Agnesstraße 33 und 35 stehen seit Ende 2021 sind weitere 147 Wohnheimplätze marode und stehen leer. Das Studierendenwerk plant für die zwei Häuser aus den fünfziger Jahren einen Neubau für 34 Millionen Euro: Die Finanzierung steht aber noch nicht.16

Beleidigter Sonnenkönig Reiter. ÖDP und München-Liste werfen dem Münchner OB Dieter Reiter (SPD) vulgo „Sonnenkönig Dieter XVI.“ vor, den Stadtrat entmachten zu wollen. Reiter möchte über den Verwaltungs- und Personalausschuss (VPA) am kommenden 24.4.2023 die Geschäftsordnung  des Stadtrats ändern lassen. So ist vorgesehen, dass Reiter ein alleiniges Entscheidungsrecht bekommt, welche Anträge oder Anfragen bei Sitzungen zulässig sind. Das hat bislang der VPA oder der Ältestenrat entschieden. Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP) äußerte dazu: „Der OB möchte seine Macht ausweiten, indem er die Rechte der Opposition einschränkt. Wenn der Oberbürgermeister in vielen Fällen die alleinige Entscheidungskompetenz hat, hebelt er die Gewaltenteilung aus und öffnet Willkür und Machtmissbrauch Tür und Tor.“ Reiter setzte sich – etwas unbeholfen – zur Wehr: „Das Schöne an der Demokratie ist, dass meine Vorschläge, wie sich das gehört, vom demokratischen Gremium – dem Münchner Stadtrat – mehrheitlich beschlossen werden müssen. Insoweit ist die Theorie vom Sonnenkönig nicht zutreffend.“17
Nichtsdestotrotz will Reiter über den Stadtrat zum Sonnenkönig Dieter XVI. werden: Quod erat demonstrandum. Was zu beweisen war.
Andernteils: Wie ein Sonnenkönig sieht dieser (vorsichtig formuliert) nicht sonderlich erfolgreiche Münchner Oberbürgermeister, der 2026 ein drittes Mal antreten will, nun wirklich nicht aus.

Schulen für Moloch München. Der Moloch München wächst: Und mit der gleichzeitig wachsenden Bevölkerung braucht es immer neue Schulen. Vier Programme wurden von der Stadt aufgestellt: 1) Februar 2016: 39 Projekte, 1,5 Milliarden Euro. 2) Juli 2017: 38 Projekte, 2,4 Milliarden Euro. 3) November 2019: 30 Projekte, 2,5 Milliarden Euro. 4) Dezember 2022: acht Projekte, 668 Millionen Euro. Insgesamt investiert München über sieben Milliarden Euro in über 100 Bauprojekte: mit 57.800 Schulplätzen in 120 Schulen, 191 Sporthallen, 79 Mensen, zwölf Schwimmhallen.18

Anfrage von ÖDP/München-Liste. Am 13.4.2023 stellten die Stadtratsfraktionen von ÖDP/München-Liste eine Anfrage an OB Dieter Reiter (SPD): „Geldverschwendung oder konkreter Nutzen: Was bringt die von der PRFirma Heller & Partner erstellte sog. ‚Studie‘ ‚Gender Living‘ den GEWOFAGMieter:innen?“ Für die städtische Gewofag hat die Agentur Heller & Partner diese Studie zwischen 2016 und 2021 erarbeitet, die von der LH München bezahlt wurde. Die Anfrage möchte Informationen u. a., mit wem die Agentur vorab die Inhalte abgesprochen hat, worin der Nutzen des Films (außer für die Agentur) besteht, wer die Podiumsbesetzung mit Stadtbaurätin Elisabeth Merk, dem Immobilienverband BfW und dem Investor Ralf Büschl ausgewählt hat. „Es wird darum gebeten, dass die Gewofag bei der Beantwortung dieser Anfrage nicht auf die Formulierungskünste der Lobby- und R-Agentur zurückgreift.“

Immobilienmarkt gebremst, Mietniveau steigt weiter. Die höheren Hypothekenzinsen haben den Immobilienmarkt etwas beruhigt; aber die Nachfrage nach Mietwohnungen steigt dadurch weiter, wie ImmoScout24 feststellte. Dies betrifft die sieben größten deutschen Städte – und deren „Speckgürtel“. In Berlin liegt der Preis bei Bestandswohnungen bei 12,56 Euro/qm; München ist hier mit 18,44 Euro am teuersten (bundesdeutscher Durchschnitt: 8,01 Euro). In München muss man für Bestandsimmobilien 7346 Euro pro qm bezahlen (Neubau: 9443 Euro/qm).19

Von wegen 400.000 Wohnungen. Soviele sollten laut Bundesregierung 2023 gebaut werden: Es werden aber unter 200.000, die niedrigste Zahl seit zehn Jahren. Deshalb trafen sich am 20.4.2023 Politiker, Wohnungsbauunternehmen und Mietervertreter in Berlin. Neben den gestiegenen Kosten sind die hohen Standards bei Energieeffizienz und Klimaschutz ein Hindernis  für günstigen Wohnraum. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) äußerte, keinen Anlass zur Freude zu haben. Dirk Salewski, der Präsident des Verbands der Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen (FDW) forderte eine Absenkung dieser Standards. Katharina Metzger ist Präsidentin des Bundeverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel und stellte fest, es würden nur noch begonnene Bauprojekte fertiggebaut, aber neue aus fehlender Rentabilität oft gestoppt. Lukas Siebenkotten, der Präsident des Deutschen Mieterbunds, bescheinigte der Politik, das Problem zu erkennen, aber sie handle nicht. Und so forderten die Interessenvertreter bis 2025 die stolze Summe von 50 Milliarden Euro zum Bau von 100.000 Sozialwohnungen, von denen aktuell gerade 25.000 gebaut wurden. 700.000 Wohnungen fehlten en total: Und deshalb brauche es ein Sondervermögen wie bei der Bundeswehr.20

Oktoberfest: Münchner Wirtschaftsreferent kann keinen Rassismus erkennen. Die städtische Fachstelle für Demokratie hat diverse Malerei-Motive vom Oktoberfest 2022 als“ rassistisch“ bewertet. So hebt z. B. auf einem Motiv der Crazy Alm ein grinsender schwarzer Jugendlicher den Rock einer weißen Oktoberfestbesucherin im Bierzelt hoch, während im rechten unteren Teil ein Besucher (seinen Rausch aus?) schläft, ein anderer sich oben den Inhalt des Maßkruges reinschüttet. Die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) verwies auf das Oktoberfest als Familienfest und internationales Aushängeschild Münchens und nannte solche Motive „rassistisch“:  Mit ihnen sollen die Besucher des Oktoberfestes nicht konfrontiert werden. Clemens Baumgärtner (CSU) hält dies „aus meiner Sicht für keinen Rassismus“.21
Vgl. zum Weitergang: Baumgärtner, Clemens

Die Mieten steigen stetig. Stefan Kippes vom Marktforschungsinstitut des Immobilienverbandes Deutschland Süd (IVD) beschrieb die Lage des Mietmarkts in München so: wachsende Nachfrage, sinkendes Angebot. Die Münchner Mieten steigen seit Jahren kontinuierlich an. Ein Quadratmeter Altbau kostet im Durchschnitt derzeit 19,40 Euro, bei Bestandswohnungen 18,70 Euro, bei Neubauten 21,30 Euro. In einzelnen Stadtteilen sieht es noch dramatischer aus: In Alt Bogenhausen etwa ist der Quadratmeterpreis für eine Bestandsmietwohnung in den letzten zehn Jahren von 15,10 auf 24,50 Euro angestiegen: Das sind 62 Prozent. Auch in Altstadt-Lehel, Au-Haidhausen, Schwabing und Neuhausen sind es über 50 Prozent. Gleichzeitig sei das Angebot an Mietobjekten gesunken. Waren es im zweiten Quartal 2021 noch 6000 Mietobjekte, so sind es Anfang 2023 nur knapp 4000. Die Zahl der Baugenehmigungen ist nach dem IVD im Jahr 2022 gegenüber 2021 um 14 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig war die Steigerung der Nebenkosten enorm. Nach Berechnungen der IVD kosteten Strom und Gas im Februar 2023 im Vergleich zu 2020 57,3 Prozent mehr. Müll-, Wasser- und Abwasserkosten sind jeweils um mehr als 10 Prozent gestiegen.22

„Ein anderer Wind in Münchens Miethäusern.“ Immer mehr private Häuser werden an Investoren verkauft. Das teilte Rudolph Stürzer, der Vorsitzende vom Haus- und Grundbesitzerverein München, in einem Pressegespräch mit. Die Zahl der angebotenen Einheiten ist im letzten Jahr um gut 50 Prozent gestiegen: auf gut 1800 im Januar. Viele Eigentümer seien verärgert über die Gesetzgebung, den Verwaltungsaufwand und die erwarteten Sanierungsvorgaben. Mit den Investoren würde dann allerdings ein „anderer Wind in München Miethäusern“ wehen, sagte Stürzer. Er kritisierte vor allem das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Gebäuderichtlinie der EU. Nach dem GEG sollen (nach derzeitigem Stand) ab 2024 an nur noch solche Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent regenerativ betrieben werden. Bei einem Einfamilienhaus kämen dann etwa dreimal so viel Kosten auf die Eigentümer zu wie bisher: Man müsse mit etwa 51.000 Euro rechnen. Nach der EU-Gebäuderichtlinie müssten innerhalb von zehn Jahren die Energieeffizienzklasse vieler Gebäude verbessert werden. Dies betreffe in München etwa 400.000 Wohneinheiten. Dazu seien umfangreiche Dämmungsmaßnahmen erforderlich: Das überfordere sowohl die Eigentümer wie die Mieter, wenn die Kosten auf diese umgelegt würden. Stürzer forderte, das GEG und die Richtlinie um mindestens zehn Jahre zu strecken. Man solle warten bis der Strom weitgehend aus erneuerbaren Quellen komme.23
In einem SZ-Kommentar dazu schrieb Bernd Kastner, der Klimaschutz käme verspätet und sei deshalb für Hauseigentümer und Mieter so teuer. Natürlich dürfe jede Interessenvertretung fragen, ob Wärmepumpen wirklich der Weisheit letzter Schluss sind, wenn so viel Strom aus der Kohle kommt. Der Verein Haus und Grund München, sollte seine aufgeregten Mitglieder aber lieber sachlich informieren. Der Klimaschutz würde noch viel teurer werden, wenn politisch zu wenig geschehe.24

Das 49-Euro-Ticket und die Immobilienpreise. Nahezu eine halbe Million Menschen pendeln laut Bundesagentur für Arbeit zur Arbeit nach München. Nach Ansicht des Leiters des IVD-Instituts, Stefan Kippes, könnte sich das 49-Euro-Ticket auf die Immobilienpreise im Umland auswirken, und haben sich dort ein Eigenheim gebaut. Das neue Bahnticket könne diesen Trend noch verstärken.25

„Nachverdichtung“am Tucherpark. Die Bayerische Vereinsbank (dann HypoVereinsbank, Unicredit) hatte Ende der sechziger Jahre das Gelände gekauft. Einen Großteil des Areals hatte Sep Ruf (1908 – 1982) seinerzeit als Ensemble geplant. Die „Circular City“, wie die seit 2019 jetzigen Eigentümer, Hines Immobilien und Commerz Real, den Tucherpark nennen, soll „nachverdichtet“ werden: In den Randbereichen zehn komplette Neubauten errichtet werden. Auf ihrer Webseite versprechen die Eigentümer „eine umfassende Bürgerbeteiligung und ein transparentes Verfahren“. Das Bürgerbegehren Grünflächen erhalten – München mit Bedacht gestalten hat sich gegen mehrere der geplanten Projekte erfolgreich ausgesprochen; auch die Regierung von Oberbayern hat an einzelnen Maßnahmen Kritik angemeldet. Der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann sieht dagegen die Pläne am Tucherpark mehrheitlich positiv. Als Einzige stimmte Claudia Mann (CSU) gegen das Bauprojekt, in dem sie einen „Persilschein für den Abbruch“ von einigen Gebäuden sieht.26

Zur Münchner Wohnungspolitik. In einer Bewertung der grün-roten Politik der Stadtregierung zur Halbzeit beschäftigte sich die SZ in einem Abschnitt auch mit dem Bereich „Bauen und Wohnen“. Der größte Fortschritt dürfte aus der Sicht der beiden Parteien wohl die Verschärfung der „Sozialgerechten Boden Nutzung“ (Sobon) sein: Investoren werden zum Bau von geförderten Wohnungen verpflichtet, wenn sie neues Baurecht bekommen. Grün-Rot hat sich verpflichtet, den bisherigen Anteil von 40 auf 50 Prozent zu steigern. Da dies wegen drohender Klagen nicht durchgesetzt werden konnte, wurden neue Regeln beschlossen, die verschiedene Sozialmodelle zulassen, um den Anteil an günstigen Wohnraum zu erhöhen, Ein weiteres Projekt war das Vorhaben „die Stadt zurückkaufen“. Durch das Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2021 wurde das Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten weitgehend gestoppt. Die Stadt hat durch die derzeitige Krise auf dem Immobilienmarkt derzeit 60 Angebote für Hauskäufe. 2022 wurden vier Ankäufe für insgesamt 140 Millionen Euro beschlossen. Damit sind etwa 220 (teils noch zu bauende) Wohnungen gesichert.27

Digitales Bavaria. 2019 stellte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die bayerische Hightech Agenda vor: Mit 3,5 Milliarden Euro Investitionsvolumen bis 2024 sollten 13.000 neue Studienplätze und 2500 neue Stellen finanziert werden, darunter eintausend Professorenstellen. Fünf Monate vor der bayerischen Landtagswahl kündigte Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) weitere zwei Milliarden Euro an: Die Hightech Agenda sei eine „Innovationsmaschine“ für ganz Bayern, Das Motto „Mission Zukunft“ vereine Forschung in den Bereichen Kernfusion, Quantenrechner und Roboter.28
Hat der Herr Minister da nicht die Raumfahrtnation Bayern vergessen?
Vgl.: Isar Valley

Jede zweite Kilowattstunde war nicht grün. Berechnungen ergaben, dass im ersten Quartal 2023 (ähnlich wie im Vorjahr) etwa 50 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammte. Verbraucht wurden rund 138 Milliarden kWh. 69 Mrd. kWh stammten aus regenerativen Quellen: in der Reihenfolge Windenergieanlagen an Land, Biomasse, Photovoltaik, Windenergie auf See und Wasserkraft.29

Moloch München und der Straßenbau. Eine Verbindung zwischen der A 9 und der A 99 im Münchner Norden ist u. a. der Föhringer Ring. 2004 beschloss man den Ausbau von zwei auf vier Spuren auf eine Länge von 1,9 km. Hierzu muss die Herzog-Heinrich-Brücke abgerissen und neu gebaut werden.30
Das unendliche Kapitel: Nie reichen die Straßen aus. Und ist irgendwo ein Stau beseitigt, ergeben sich davor und danach zig neue. Sisyphos im Verkehr: jahrzehntelang umsonst tätig.

  1. Krass, Sebastian, Wer wird größter Vermieter der Stadt? im SZ 1.4.2023 []
  2. Neff, Berthold, Hochhaus-Gegner wollen in die Offensive, in SZ 4.4.2023 []
  3. Tausende demonstrieren in Portugal gegen hohe Mieten, in spiegel.de 2.4.2023 []
  4. ttps://ru.muenchen.de/2023/71/OB-Reiter-gratuliert-Dr-Helmut-Roeschinger-zum-80-Geburtstag-106507; Hervorhebung WZ []
  5. Baupreise für Wohngebäude steigen weiter stark an, in spiegel.de 6.4.2023 []
  6. Glas, Andreas, Osel, Johann, Söders Ungeduld könnte viel Geld gekostet haben, in SZ 12.4.2023 []
  7. Hadem, Marco/DPA, Landtagsopposition fordert Razzia in CSU-Parteizentrale, in SZ 5.4.2023 []
  8. Osel, Johann, Teuer, aber nicht zu teuer, in SZ 2.5.2023 []
  9. Osel, Johann, Schmelzer verteidigt Miete für Museum, in SZ 9.5.2023 []
  10. Osel, Johann, Marktanalysen „einfach Humbug“, in SZ 24.5.2023 []
  11. Glas, Andreas, „Ein geiles Projekt“, in SZ 27.5.2023 []
  12. Kastner, Bernd, Zwei Studenten gegen die Wohnungsnot in SZ 17.4.2023 []
  13. Kastner, Bernd, Laptop und Leerstand, in SZ 17.4.2023 []
  14. Kastner, Bernd, Eskalation in der Geisterstadt, in SZ 7.6.2023 []
  15. Thümler, Katharina, Elf Quadratmeter für 715 Euro, in SZ 17.4.2023 []
  16. Kastner, Bernd, Nächste Runde im Wohnheim-Chaos, in SZ 1.8..2023 []
  17. Karowski, Sascha, „Sonnenkönig Dieter XVI.: Heftige  Vorwürfe gegen Münchens Rathaus-Chef – Reiter wehrt sich, in tz.de 19.4.2023 []
  18. Aldenhoff, Kathrin, Wo Münchens neue Schulen entstehen, in SZ 12.4.2023; www.muenchen.de/schulbaukarte []
  19. Mietensituation in den Metropolen ist dramatisch, in spiegel.de 13.4.2023 []
  20. Slavik, Angelika, Einbrechende Neubauten,, in SZ 21.4.2023 []
  21. Effern, Heiner, Rassismus-Streit um Oktoberfest-Motive, in SZ 22.4.2023 []
  22. Steinbacher, Ulrike, Der Druck auf die Mieter steigt und steigt, in SZ 26.4.2023 []
  23. Kastner, Bernd, „Die Haus-Eigentümer sind aus dem Häuschen“, in SZ 26.4.2023 []
  24. Kastner, Bernd, Klimaschutz kostet, aber lohnt sich, in SZ 26.4.2023 []
  25. Kramer, Lea, Raus aus der Stadt dank 49-Euro-Ticket, in SZ 27.4.2023 []
  26. Stolz, Benjamin, Tucherpark-Ensemble soll wachsen, in SZ 28.4.2023 []
  27. Krass, Sebastian, Schwächen im Abschluss – strengere Regeln für Investoren, in SZ 29.4.2023 []
  28. Trost, Christoph/dpa, Staatsregierung will Hightech Agenda verlängern, in SZ 27.4.2023 []
  29. Im ersten Quartal war jede zweite Kilowattstunde grün, in spiegel.de 28.4.2023 []
  30. Gnau, Irmengard, Neue Brücke über die Isar in SZ 28.4.2023 []
Moloch München Eine Stadt wird verkauft

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