Moloch München Eine Stadt wird verkauft

HochhausSTOP

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 27.6.2023

Nicht vergessen: Für Bürgerentscheid HochhausSTOP stimmen und Unterschriften sammeln: hier

HochhausSTOP. So heißt der Verein, der von MDL Robert Brannekämper (CSU, auch Vorsitzender des BA Bogenhausen) und dem früheren SPD-Stadtrat (1973 bis 1996) Wolfgang Czisch, gegründet wurde. Brannekämper sprach von einer „echten Todsünde“, dass der Entwurf der Büschl-Hochhäuser an der Paketposthalle ohne jeden städtebaulichen Wettbewerb als „Masterplan“ präsentiert wurde. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung unter Elisabeth Merk offenbare einen „Kontrollverlust“ gegenüber dem Investor, der Büschl Unternehmensgruppe. Brannekämper verwies auch auf die kritischen Punkte Ressourcenverbrauch und Klimaschutz beim Hochhausbau. Für Czisch wird die in der Hochhaus-Studie geplante Ausweisung von „Hochhaus-Erwartungszonen“ zu Dammbrüchen führen.
Czisch und Brannekämper sind Mitglied im Münchner Forum, jedoch sei der Verein HochhausSTOP von diesem unabhängig. Mitglieder sind derzeit die früheren SPD-MdL Rainer Volkmann und Max von Heckel, die Mitglieder des BA Laim, Josef Mögele und Margit Maier (beide SPD) und dem Chef der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, Bernd Schreiber als Privatperson. [1]

Bürgerbegehren, Ratsbegehren. Der Widerstand gegen Büschls gigantische Pläne wuchs, ob mit oder ohne BürgerInnengutachten. Der Verein HochhausSTOP von MdL Robert Brannekämper (CSU) und dem Vorsitzenden des Münchner Forums, Wolfgang Czisch (SPD) gegründet, sammelt die Opponenten zur Vorbereitung eines Bürgerbegehrens gegen die Büschl-Hochhäuser. Für Brannekämper sind Hochhäuser „städtebauliche Todsünden“: Er kritisierte insbesondere, dass der „Masterplan“ von Herzog & de Meuron von der Stadt ohne städtebaulichen Wettbewerb akzeptiert wurde. Büschl forderte als Reaktion auf das Bürgerbegehren von der Stadt inzwischen ein Ratsbegehren (siehe Oktober 2021). Die Grünen – damals noch in der Opposition -, forderten vor der Wahl im März 2020 ein Ratsbegehren: Jetzt traten sie dafür ein, dass der Stadtrat entscheiden soll. [2]

Münchner Forum aktiv. Das Münchner Forum zeigte seine dritte Ausstellung mit dem Titel Schöne Aussichten – wollen wir das? vom 24.1. bis 2.2.2022 im Bürgersaal Fürstenried, die verschiedene Hochhaus-Projekte im 19. Stadtbezirk thematisiert. Es ist die Fortsetzung der Ausstellungen Zukunft Neuhausen im Trafo in Neuhausen und Von oben herab im Schloss Nymphenburg. Dazu organisierte das Münchner Forum am 25.1.2022 eine Podiumsdiskussion „Hochhäuser verändern den Münchner Südwesten“ und am 1.2.2022 einen Vortrag vom Architekten und Stadtplaner André Perret: „Auswirkungen der Hochhausstudie auf den Münchner Süden“. (Münchner Forum, PM, Schöne Aussichten – wollen wir das?, München, 6.1.2022)) – Der Arbeitskreis „Gestalt und Lebensraum“ präsentierte am 24.1.2022 Schautafeln zum Hochhausprojekt der Büschl Unternehmensgruppe mit dem Motto: „München – von oben herab“ und einer Podiumsdiskussion mit dem Hochhausgegner und BA-Vorsitzenden Ludwig Weidinger (CSU) und dem Hochhausbefürworter Alexander Aichwalder (Grüne). [3] Der Verein HochhausSTOP verwies auf die ungleich besetzten Positionen der Referenden (Auswahl: Planungsreferat) beim Bürgergutachten: Als Gegner waren genau vier zugelassen worden: Dr. Uli Walter vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und Dierk Brandt, André Perret und Moni Popp vom Münchner Forum. Der Verein HochhausSTOP gab bekannt, dass die Vorbereitungen für ein Bürgerbegehren weitgehend getroffen seien. [4]

Referentenauswahl des Referats für Stadtplanung und Bauordnung. Die 39 Referent*innen für das Bürgergutachten wurden vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung ausgewählt. Ich habe mir die Referenten einmal näher angesehen:
Vertreter der Stadt (13): Stadtbaurätin Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk, LHM; Stadtdirektor Michael Hardi, Leitung Stadtplanung, LHM; Anna Hanusch, Vorsitzende des Bezirksausschusses 9 – Neuhausen-Nymphenburg; Gisela Karsch-Frank, Grünplanung, LHM; Sven von Braumüller, Allparteiliches Konfliktmanagement in München (AKIM); Stadtdirektorin Ulrike Klar, Leitung Stadtsanierung und Wohnungsbau LHM; Katharina Esch, Mobilitätsreferat LHM; Ulrich Schaaf, Stadtplanung, LHM; Hildegard Wich, Stadtplanung, LHM; Eva Jaeger, Stadtplanung, LHM; Ursula Koebele, Stadtplanung, LHM; Bianca Kornatowski, Stadtplanung, LHM
Vertreter des Investors (13): Ralf Büschl, Büschl Unternehmensgruppe; Pierre de Meuron, Herzog & de Meuron; Robert Hösl, Herzog & de Meuron; Axel Weber, Soda Group; Yessika Schmidt, Vössing Ingenieure (Verkehrsgutachten); Manuel Rasch, Möhler + Partner (Schallgutachten); Dr. Anna Braune, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB); Stefanie Reuss, Transsolar Energietechnik GmbH; Lars Ruge, Vogt Landschaftsarchitekten AG; Christoph Helfrich, Vogt Landschaftsarchitekten AG; Dieter Grau, Ramboll Studio Dreiseitl; Hans-Georg Stocker, Backstage Kulturzentrum; Stilla Graf, Systematica s.r.l.; Peter Eisenlauer, Eisenlauer Architektur & Stadtplanung
Kritiker (4): Dierk Brandt, Planungsgruppe 504; André Perret, Architekt und Stadtplaner; Dr. Monika Popp, Department für Geographie der Ludwig-Maximilians-Universität München; Dr. Uli Walter, Landesamt für Denkmalschutz
Undefiniert (9): Alexandra Wagner, Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH; Andrea Gebhard, mahl·gebhard·konzepte; Regula Lüscher, Senatsbaudirektorin des Landes Berlin a.D.; Patrick Gmür, Steib Gmür Geschwentner Kyburz Partner AG (Vorstellung Hochhauskonzept Zürich); Prof. Joachim Jürke (Jürke Architekten); Martin Augenstein, Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Transformation, TU München; Andrea Betz, Diakonie München und Oberbayern; Jochen Mündlein, Diakonie München und Oberbayern; Franz Sagerer, Behindertenbeirat München
Fazit:Von insgesamt 39 Referenten kamen 13 Referenten von der Stadt und 13 Referenten vom Investor (= 66 Prozent).
Wie sagte Gerhard Polt: „Ich brauch keine Opposition, ich bin schon Demokrat!“

Stadt und Büschl feiern. Vertreter der Stadt und der Büschl Unternehmensgruppe sowie natürlich Ralf Büschl persönlich feierten die Ergebnisse des BürgerInnengutachtens. OB Dieter Reiter (SPD) lobte die GutachterInnen, die offen gewesen seien „für eine Architektur, die innovativ ist und mehr Höhe wagt“. Münchens zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) nannte es „ein tolles Ergebnis“. Investor Ralf Büschl wertete das Gutachten als eine „deutliche Absage an das laute Geschrei der wenigen Gegner“. Dazu meinte MdL Robert Brannekämper (CSU), der mit seinem Verein HochhausSTOP gerade einen Bürgerentscheid vorbereitet und im März mit dem Sammeln der Unterschriften beginnen will, das Gutachten sei eine „Farce“ und könne keine demokratisch legitimierten Instrumente wie eben diesen Bürgerentscheid ersetzen. [5] Büschl hatte im Vorfeld ganz offen gedroht, wenn der „Masterplan“ nicht durchkomme, dann bleibe die Paketposthalle einfach leer. Da waren die GutachterInnen anscheinend beeindruckt. [6] Der Fraktionsvorsitzende von SPD/Volt, Christian Müller (SPD), sah im Gutachten eine Entscheidung für bezahlbaren Wohnraum und großzügigere Grün- und Freiflächen sowie ein Votum für mutige Hochpunkte. [7]

CSU will Ratsentscheid. CSU-Fraktionsvorsitzender Manuel Pretzl ist schon lange für Hochhäuser über 100 Meter in München und sprach sich nun für ein Votum der Bürger noch im Herbst 2022 aus. Pretzl will nicht über die Büschl-Hochhäuser abstimmen lassen, sondern einen generellen Entscheid zu Hochhäusern. Er sieht für sie drei Areale: den Beginn der A 9/Nürnberg und der AA94/Passau und die Achse Hauptbahnhof – Laim – Pasing.
Die Grünen votierten für ein Bürgerbegehren. Die SPD mit ihrem OB Dieter Reiter möchte den Stadtrat entscheiden lassen. Im Münchner Stadtrat verfügt aber die Fraktion Grüne/Rosa Liste und CSU/Freie Wähler über die Mehrheit. MdL Robert Brannekämper und der Verein HochhausSTOP wollen dagegen ein Bürgerbegehren vorbereiten und ab April 2022 dafür Unterschriften sammeln. [8] – Der Verein HochhausSTOP braucht über 35.000 Unterschriften zur Einleitung eines Bürgerentscheids. Brannekämper warnte bei einer allgemeinen Formulierung der Hochhausfrage, dass dann „alle Grenzen fallen und wir bald über Bauvorhaben mit 250 Meter diskutieren“. Investor Ralf Büschl trat für ein Ratsbegehren ein, allerdings nur zur Frage der Büschl-Hochhäuser. Eine stadtweite Ablehnung von Hochhäusern würde dann auch seine Hochhäuser betreffen. Die SPDF mit Fraktionsvorsitzenden Christian Müller sieht die Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger schon durch das BürgerInnengutachten als gegeben an. OB Reiter erneuerte seine Aussage, dass „der aktuelle Stadtrat auch ohne neuerliches Ratsbegehren solche Entscheidungen je nach Einzelfall treffen kann und soll“. [9]
Sebastian Krass kommentierte in der SZ: „In der CSU ist der Konflikt zwischen der Stadtratsfraktion, die generell für Hochhäuser offen ist und das Paketpost-Projekt befürwortet, und einer traditionell orientierten Gruppe um Brannekämper zwar seit langem bekannt, doch nun wird er befeuert. Noch interessanter wird es, wie es den Grünen ergeht. Sie sind seit Jahren auf einem Schlingerkurs unterwegs: Einerseits stützen sie das Paketpost-Projekt, andererseits sind sie dafür, die Bürgerinnen und Bürger noch einmal über Hochhäuser abstimmen zu lassen. (…) Nun müssen die Grünen sich einer Debatte stellen, die seit Kurzem mehr in den Vordergrund rückt: dass Hochhäuser von mehr als 100 Metern zwar städtebaulich interessant sein können, aber keine klimagerechte Form des Bauens sind. Denn je höher Gebäude werden, umso niedriger wird die Flächeneffizienz wegen der steigenden Sicherheitsanforderungen, kurz gesagt: mehr Beton für weniger Nutzen.“ [10]

Klarheit durch Ratsbegehren? Investor Ralf Büschl will ein schnelles Ratsbegehren und drängte den Stadtrat, den Weg dazu „sehr zügig“ freizumachen. Dieser hat sich am 30.3.2022 mehrheitlich für eine Abstimmung geäußert: Die Tendenz geht aber zum Herbst 2022. Dies fand das Missfallen des Investors Büschl, der gern auch deswegen ein schnelles Ratsbegehren will, um das Bürgerbegehren der Initiative HochhausSTOP auszubremsen, das erst ab April 2022 Stimmen sammeln will. Deren Bürgerbegehren wird sich zudem allgemein mit dem Hochhausbau in München befassen, währen der Investor Büschl darauf drängt, ausschließlich über seine Hochhäuser an der Paketposthalle abzustimmen. Falls dessen Pläne scheitern, drohte er ganz offen damit, nach dem – vom Planungsreferat genehmigten – Baurecht nur große Gewerbegebäude ohne Wohnungen zu errichten. Ob die Paketposthalle dann überhaupt noch irgendwie öffentlich genutzt würde, blieb offen. Büschl lehnte auch einen offenen städtebaulichen Wettbewerb glatt ab, der über eine Gestaltung der Hochhausfassaden hinausgehe. [11]

Mai 2022: Infostand HochhausSTOP. Info vom Team HochhausSTOP: „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, der Auftakt für die Infostände in der Münchner Innenstadt steht an! Hierbei wollen wir die Bürger über unsere Positionen zum Thema HochausSTOP informieren und für unsere gemeinsame Sache durch Unterschriften gewinnen. Am Freitag, 13.05.2022 ab 12:00 Uhr findet der erste Infostand für den Hochhausstopp in der Rosenstraße 1-5 (beim Sport Schuster, 80331 München) statt.“
Mit freundlichen Grüßen
Team HochhausSTOP – München den Menschen – Hochhäuser begrenzen e.V.
1. Vorsitzender: Robert Brannekämper, MdL; 2. Vorsitzender: Wolfgang Czisch, Stadtrat a.D.
Vgl. auch: HochhausSTOP, Paketposthalle München, Hochhäuser München

Termine für Infostände etc. unter https://hochhausstop.de/

Bürgerbegehren oder Ratsbegehren. Die Fraktion ÖDP/München-Liste will laut Fraktionschef Tobias Ruff ein Ratsbegehren einleiten mit der Frage: „Sind Sie dafür, dass die Stadt München die Höhe von Gebäuden auf 60 Meter begrenzt, um die Wohnungsnot nicht weiter zu verschärfen, die Münchner Stadtsilhouette nicht dauerhaft zu verschandeln und ein klimaneutrales Bauen zu ermöglichen?“ Im Unterschied zum Bürgerbegehren von HochhausSTOP will nicht nur gegen die Büschl-Hochhäuser vorgehen, sondern auch die Höhe auf 60 Meter beschränken. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anna Hanusch, wandte sich gegen diesen Vorschlag; man könne auch die Landtagswahl im Herbst 2023 für eine Abstimmung nutzen. Es solle die Höhenfrage, aber auch das Paketposthallen-Projekt zur Abstimmung stehen. SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Müller wandte sich gegen den Eindruck, sine Fraktion sei gegen Hochhäuser; dies solle beim Parteitag Mitte Juli diskutiert werden. Die CSU-Stadtratsfraktion befürwortet ein Ratsbegehren. [12]

SPD gegen Bürgerentscheid. Am Samstag, den 16.7.2022 hält die Münchner SPD ihren Parteitag ab. Der Vorstand hat einen drei Seiten langen Antrag vorgelegt, in dem die SPD Höhengrenzen ablehnt und hält es statt der Höhe für wichtiger, wie viel bezahlbarer Wohnraum entsteht und wie ökologisch ein Gebäude ist. Ein Bürgerentscheid wird abgelehnt. Auch die Münchner Jusos lehnen diesen ab. Juso-Chef Benedict Lang: „Ein solcher Bürgerentscheid mobilisiert nur die, die gegen Hochhäuser sind.“ Die SPD unterstützt die (bisher nur im Entwurf vorgelegte) Hochhausstudie des Planungsreferats. Außerdem habe es zum Paketpostareal eine Bürgerbeteiligung inform des Bürgergutachtens  gegeben. [13]
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat z. B. die Referentenliste mit zwei Drittel mit Befürwortern besetzt: soviel zum Thema Objektivität und Beteiligung.
Nachtrag:
Zwölf Prozent der Delegierten (nämlich 12 von 100) haben am 16.7.2022 gegen Hochhäuser gestimmt. Bei den Büschl-Hochhäusern hatte die SPD bereits zugestimmt. Einen Ratsentscheid lehnte die SPD ebenfalls ab. Die Hochhaus-Kritiker waren u. a. Gerd Baumann (warf der SPD „Diskussionsverweigerung“ und die Verwendung von Büschls „Propaganda-Fotos“ vor) und der frühere MdL Rainer Volkmann (warf seiner Partei vor, München zur Hochhausstadt zu machen). Die SPD-Mehrheit war der Ansicht, der Stadtrat habe das Mandat, Hochhäuser zu genehmigen. Ein Ratsbegehren, so der Münchner SPD-Vorsitzende Christian Köning, würde die Debatte darüber weder befrieden noch beenden. [14]

AZ-Hochhausdebatte am 18.7.2022. Teilnehmer waren der Münchner SPD-Chef Christian Köning, AZ-Chefredakteur Michael Schilling, die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne), Architelkt Florian Ochs und MdL Robert Brannekämper (CSU) im 14. Stock des Adina-Hotels im Werksviertel. Köning und Habenschaden sind grundsätzlich für Hochhäuser; Köning und die Münchner SPD wollen aber nicht die Bürger abstimmen lassen, Habenschaden will dies schon. Sie versuchte den Spagat, nicht nur Höhen festzulegen, sondern auch Nachhaltigkeit und bezahlbaren Wohnraum zu thematisieren, denn für sie gibt es Hochhäuser mit „klimatischen Anspruch“.
Eine contradictio in adiecto, ein Widerspruch in sich. Schade, dass die Vorkenntnisse über Verkehrswege, Fluchtwege, Versorgungsinfrastruktur, die Massen an benötigtem Stahl, Beton, Glas etc. anscheinend immer noch nicht bekannt sind.
Brannekämper, Mitinitiator von HochhausSTOP, hat hingegen kein Vertrauen in das Referat für Stadtplanung und Bauordnung und stellte fest: „Das Problem ist, dass in dieser Stadt die Investoren planen.“ [15]
Nacharbeitung in der AZ. [16]
Robert Brannekämper: Er hinterfragte den Begriff „urbane Dichte“. Schwabing und Haidhausen sind gute Vorbilder, Hochhäuser nicht. Sie treiben die Preisspirale beim Boden weiter nach oben, dazu steigen Bau- und Betriebskosten mit zunehmender Gebäudehöhe exponentiell. „In Hochhäusern entstehen unerschwingliche Luxuswohnungen und überteuerte Büroflächen mit guter Aussicht.“ Beim Projekt Paketposthalle wird die fast vollständige Flächenversiegelung für Tiefgaragen und Nebenanlagen verschwiegen. Sinnvoller wäre das „Bauen im Bestand“: kein Abriss, sondern Sanierung und Umwidmung. Die Mehrheit der Münchner will keine Wolkenkratzerskyline; München darf kein Frankfurt an der Isar werden.
Fabian Ochs: Die urbane Dichte lässt sich mit der Geschossflächenzahl bemessen. Ein sechsstöckiger Block liegt bei 2.15, ein 110-Meter-Hochhaus bei 4.14. Wenn ein Hochhaus die dreifache Fläche ermöglicht, liegt der Grundstücksanteil bei einem Drittel.
Reichlich unlogisch: Da der Quadratmeterpreis bei Baugrund bei einem Hochhausprojekt natürlich schon beim Verkauf im Hinblick auf die hohe GFZ schon wesentlich höher liegt.
Christian Köning: Die SPD legt Wert auf bezahlbaren Wohnraum und wird Hochhausprojekten nur zustimmen, wenn dieser dort in hohem Maß verwirklicht wird.
Katrin Habenschaden: München soll nicht zu einer Hochhausstadt werden, aber sich auch nicht durch willkürliche Höhengrenzen einschränken lassen. Beim Projekt Paketposthalle soll das Quartier weitgehend autofrei werden. Ein sparsamer Umgang mit Ressourcen im Bausektor wird immer wichtiger. Die CO2-Emissionen dort sind riesig. München braucht mehr bezahlbaren Wohnraum. Die Grünflächen müssen geschützt werden. „In die Höhe zu gehen statt in die Breite, ist deshalb ein ökologischer Ansatz.“
Oje: gemischte EDV-Satzbausteine aus dem grünen Parteiprogramm ohne fundierten Hintergrund. Wie wäre denn der Ansatz keine Arbeitsplätze nach München mehr zu verschleppen. (Allein bei der Paketposthalle werden 3000 neue Arbeitsplätze geplant!)

Ein Drittel der Unterschriften. Etwa 12.000 von 35.000 benötigten Unterschriften waren bis 26.8.2022 gesammelt, so Robert Brannekämper auf der Pressekonferenz von HochhausSTOP am 26.8.2022. Die Zahl der Aktiven soll von 80 auf gerne das Doppelte gesteigert werden, dazu kommt ein gemieteter Bus zum Einsatz. Der frühere SPD-Stadtrat Wolfgang Czisch stellte fest, der Stadtbaurätin Elisabeth Merk sei die Stadtentwicklungspolitik „entglitten“: Eine Referentin, die das nicht kann, sollte abgelöst werden.“ Brannekämper würde Merk gern in den Ruhestand schicken; die Pläne für das Paketpost-Areal seien eine „Bankrotterklärung“ des Planungsreferats, das sich vom Investor Büschl Unternehmensgruppe vor sich hertreiben lasse. [17]

München braucht anscheinend Hochhäuser. Die Süddeutsche Zeitung kündigte im September 2022 ihre Veranstaltung SZ im Dialog Braucht München Hochhäuser? an, die am 24.10.2022 von 19 bis 20.30 stattfinden wird. Anscheinend besteht bei solchen Hochhaus-Diskussionen ein Zwangsverhältnis von mindestens drei Befürwortern zu einem Gegner. Befürworter sind Investor Ralf Büschl, Stadtbaurätin Elisabeth Merk und Architektin Karin Schmid (vom Büro o3 Arch, das die neue Münchner Hochhausstudie verfasst). Als einsamer Gegner fungiert MdL Robert Brannekämper (CSU), Mitinitiator von HochhausSTOP.

Keine Opposition im Stadtrat. Die CSU-Fraktion wollte keine Fragestellung zu Hochhäusern für das Stadtgebiet, sondern die Frage auf die Büschl-Hochhäuser beschränken. Umgekehrt die Grünen- Fraktion, die sich auf den Hochhausentscheid 2004 bezog. Unverständlicherweise äußerte der grüne Fraktionschef Dominik Krause, es habe mit dem Bürgergutachten bereits eine umfassende Bürgerbeteiligung gegeben. So gab es keinen Stadtratsbeschluss für ein Ratsbegehren. Dirk Höpner von der München-Liste äußerte dazu: „Entweder sind die Stadtratsmitglieder der CSU und der Grünen komplett unfähig, oder sie haben für uns alle ein Laien-Theaterstück aufgeführt.“ Die Büschl Unternehmensgruppe interpretierte diese Unfähigkeit gegen ihre Hochhaus-Pläne als Unterstützung ihrer Planung. [18]

Januar 2023: Hochhaus-Bürgermeister und Hochhaus-Bürgermeisterin im Vormarsch. Der sich vielfach selbst als Hochhaus-Befürworter geoutete OB Dieter Reiter (SPD) darf vermutlich – von Ministerpräsident Markus Söders (CSU) Gnaden-, zu einer dritten Amtszeit antreten. [19]
Ob die dritte Amtszeit wohl so erfolgreich – oder noch viel erfolgreicher! – wird wie schon die erste und die zweite???
Auch die zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) forderte jetzt mehr Hochhäuser – ausgerechnet als Referentin beim Münchner „Immobilienforum 2023„. Habenschaden kritisierte die Verhinderungshaltung, hier speziell „den öffentlichen Umgang mit dem Hochhausprojekt an der Paketposthalle“. Für Habenschaden ist die Hochhausfrage  „eine Metapher für Gesellschaft und Politik generell: was trauen wir uns eigentlich noch in unserer Stadt?“, noch dazu, wo laut Habenschaden München „in vielen Bereichen im Hintertreffen“ sei. [20]
Habenschaden konstatiert quasi den drohenden Untergang der Stadt – und könnte eigentlich gleich der Allianz für München beitreten, die für weiteres grenzenloses Wachstum eintritt. Da die dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) hier sicher nicht nachstehen will, hat die Agentur Heller & Partner die Stadtspitze da, wo sie auch ihr Klient, die Büschl Unternehmensgruppe, haben will. Inzwischen scheint es so, dass es in der Hochhausfrage egal ist, ob SPD oder Grüne den Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin stellt.

HochhausSTOP demonstriert. Seit elf Monaten sammelt die Initiative Unterschriften für einen Bürgerentscheid gegen die geplanten Hochhäuser bei der Paketposthalle. Am 3.4.2023 protestierte ihre Initiative HochhausSTOP am Marienplatz gegen die Büschl-Hochhäuser. Auf einem Plakat stand: „Herr Büschl, wenn Sie München etwas schenken wollen, warum erpressen Sie dann?“ Die vorgeschlagene Nutzung als Interimsspielstätte für die bayerische Staatsoper hält Brannekämper für illusorisch, da eine Halle im Untergrund der Halle Unsummen kosten würde. Brannekämper und Czisch forderten die Stadt auf, die Entwicklung des Quartiers selbst in die Hand zu nehmen. „Der Investor macht die Stadtplanung, die Stadt dackelt hinterher“ sagt Brannekämper. Laut HochhausSTOP habe man die Hälfte der für einen Bürgerentscheid nötigen 33.000 Unterschriften gesammelt. [21]

HochhausSTOP bei Tollwood 2023: 16.6.2023 um 14 bis 23.30 im Grünen Pavillon

Unterschriftensammlung: Jeden Freitag vom 23.6. bis 21.7.2023, 15 – 17 Uhr in der Nähe der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke 21 – 29

Pressemitteilung von HochhausSTOP vom 13.6.2023 zur Zustimmung des Münchner Stadtrats für die Hochhausstudie von 03 arch:
1. Vorsitzender Robert Brannekämper: „Mit der Hochhausstudie leitet der Stadtrat den Dammbruch zur Hochhausmetropole ein und beschert den Investoren Büschl & Co. in der Gewerbesteueroase Grünwald Milliardengewinne!“ – 2. Vorsitzender Wolfgang Czisch: „Mit flächendeckenden Hochhausgebieten zerstört der Stadtrat nicht nur die berühmte Silhouette, die Lebensqualität und das Lebensgefühl unserer Heimatstadt. Die Stadt überhört auch den Weckruf des Klimawandels: Hochhäuser sind städtebauliche Dinosaurier, sie sind weder ökologisch noch stadtklimatisch verträglich und lösen auch das Wohnungsproblem in keiner Weise. Warum muss an absurder Stelle ein Milliardengeschäft ermöglicht werden? Warum bindet sich die Stadt hier an Büschl & Co., die in München keine Gewerbesteuer zahlen? Wo kommen die Gelder der Investoren her?“
„Für das Investorenteam Büschl/Bauwens an der Paketposthalle bedeuten Hochhausstudie und Masterplan mit den 155 Meter hohen Wolkenkratzern ein „Baurechtsgeschenk“ von 40 % (!) bzw. 80.000 – 100.000 m² zusätzlicher Geschossfläche. Bei Gestehungskosten von 8.000 bis 10.000 € pro Quadratmeter bedeutet das eine zusätzliche ‚geschenkte‘ Baumasse von 700 – 800 Mio. €. Der Ertrag einer Vermarktung dieser Flächen liegt weit darüber. ‚Danke, lieber Stadtrat!“, können dafür die Investoren sagen, die ihre Gewerbesteuer
lieber im steuerlich viel günstigeren Grünwald zahlen. Auch wenn Büschl & Co. angeblich 100 Mio. € zur Sanierung der Paketposthalle benötigen, ist das völlig überhöhte Baurecht eine unfassbar skandalöse Überkompensation! Das ist keine Stadtentwicklung, das ist verwerflich.
Stoppen Sie dieses Baurechtsgeschenk solange es noch geht, Frau Stadtbaurätin Merk! Es ist absehbar, dass alle anderen schon bereitstehenden Investoren das absurd hohe Baurecht an der Paketposthalle als Türöffner für ihre Hochhauspläne einfordern werden. Es kann und darf nicht sein, dass die Investoren profitieren und die Stadtgesellschaft die Bürde trägt: zu hohe Baudichte, wenig Lebensqualität mit Alibigrünflächen, teure überlastete Infrastruktur, negativer ökologischer Fußabdruck, steigende Bodenpreise und bezahlbarer Wohnraum bleibt trotzdem Mangelware!“

Vgl.: Heller & Partner, Hochhäuser München, Paketposthalle

Fußnoten und Quellen

  1. Hoben, Anna, Krass, Sebastian, Das ist die Höhe, in SZ 14.10.2021
  2. Krass, Sebastian, Wahrzeichen oder Parasiten?, in SZ 27.12.2021
  3. HochhausSTOP, PM 18.1.2022; Hochhäuser in der Diskussion, in SZ 18.1.2022
  4. HochhausSTOP, PM 18.1.2022
  5. Krass, Sebastian, Her mit den Hochhäusern, in SZ 12.2.2022
  6. Krass, Sebastian, „Leute, an die wir normalerweise wirklich schwer rankommen“, in SZ 12.2.2022
  7. Hönle, Jonas, Bürgergutachten in München sagt „Ja“ zu Hochhäusern auf dem Paketpostareal – Aber mit weiteren Forderungen, in tz.de 11.2.2022
  8. Effern, Heiner, Münchner sollen über die 100-Meter-Obergrenze entscheiden, in SZ 23.3.2022
  9. Effern, Heiner, Krass, Sebastian, Wie hoch hätten Sie’s denn gern?, in SZ 24.3.2022
  10. Krass, Sebastian, Es geht auch ums Klima, in SZ 24.3.2022
  11. Krass, Sebastian, Büschl will nicht mehr „zurück auf Start“, in SZ 1.4.2022
  12. Hoben, Anna, 60 Meter sollen reichen, in SZ 24.6.2022
  13. Hertel, Christina, Hochhaus-Debatte in München: SPD will Bürgerentscheid ablehnen, in abendzeitung-muenchen.de 14.7.2022
  14. Effern, Heiner, SPD will Hochhäuser generell zulassen, in SZ 18.7.2022
  15. Hertel, Christina, Mehr Türme in München? So lief die große AZ-Debatte, in abendzeitung-muenchen.de 19.7.2022
  16. Hochhaus-Debatte: Ihre Fragen, in Abendzeitung München 25.7.2022
  17. Hoben, Anna, Mobiler Einsatz gegen Hochhäuser, in SZ 27.8.2022
  18. Krass, Sebastian, Ein bisschen einig reicht nicht, in SZ 13.10.2022
  19. Glas, Andreas, Effern, Heiner, Hoben, Anna, Reiters Chance auf eine dritte Amtszeit, in SZ 19.1.2023
  20. Krass, Sebastian, Bürgermeisterin plädiert für neue Hochhäuser, in sueddeutsche.de 24.1.2023
  21. Neff, Berthold, Hochhaus-Gegner wollen in die Offensive, in SZ 4.4.2023
Moloch München Eine Stadt wird verkauft

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