Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Münchner Wohnen

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 22.8.2023

Vgl. zur Vorgeschichte: Gewofag, GWG

Zusammenlegung Gewofag und GWG. Die grün-rote Münchner Rathaus-Koalition plante schon länger die Fusion der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG. Vor Weihnachten 2022 soll die Vollversammlung des Stadtrats diese Zusammenlegung beschließen, die ab 1.1.2024 unter dem Namen „Münchner Wohnen“ firmieren wird. Gewofag und GWG haben zusammen etwa 70.000 Wohnungen: Damit wird Münchner Wohnen nach Saga Hamburg (135.000 Wohnungen), Degewo Berlin (75.000) und Gewobag (74.000) zur viertgrößten städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Hier wohnen rund 150.000 Münchner. Das Neubauziel soll von 2024 an von 1250 auf 2000 Wohnungen jährlich steigen, so die grün-roten Vorgaben. Ein Grund ist der „Synergieeffekt“, der bei jährlich rund zehn Millionen Euro liegen soll. Die Kosten dieser Fusion sollen laut Stadtbaurätin Elisabeth Merk bei 7,75 Millionen Euro liegen. Damit nicht riesige Grunderwerbssteuern anfallen, bringt München in die Gewofag-Holding (mit der Heimag) 89,9 Prozent der GWG-Anteile ein: 10,1 Prozent verbleiben bei der Stadt. Die Übernahme soll dadurch steuerneutral erfolgen und die 10,1 Prozent später übertragen werden.1
Dieses Modell des Grundsteuer-sparenden Modells „Share Deal“ hat sich die Stadt von Investoren abgesehen. Aus Wikipedia: Anteilskauf: „Der Anteilskauf (englisch Share Deal) ist im Rahmen eines Unternehmenskaufs oder einer Unternehmensübernahme der Erwerb der Mehrheit der Anteile eines Unternehmens. (…) Ein Anteilskauf von Anteilen an einem Immobilienunternehmen (meist Kommanditgesellschaft) kann zu einer deutlich reduzierten Grunderwerbsteuer führen. Wenn mindestens 95% der Anteile an einer grundstückshaltenden Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergehen, liegt ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang im Sinne von § 1 Abs. 2a GrEStG vor. Dabei bestimmt sich die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht nach dem Verkehrswert der Immobilien, sondern nach dem Grundbesitzwert bzw. Bedarfswert, der gemäß §§ 138 ff. BewG für vermietete Immobilien nach einer bestimmten Formel berechnet wird. Werden weniger als 95 % übertragen, entsteht keine Grunderwerbsteuerpflicht.“
Über die Zukunft der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS), die zu 94 Prozent der GWG und zu sechs Prozent der Gewofag gehört, soll der Stadtrat erst 2023 entscheiden. Münchner Wohnen wird eine dreiköpfige Geschäftsführung haben: eine Person für den Vorsitz (CEO), einen Chief Operating Officer (COO) und eine Person für Bau und Technik. Der aktuelle Gewofag-Chef Klaus Michael Dengler signalisierte bereits den Wunsch, Münchner Wohnen zu leiten. Der neue Aufsichtsrat hat 15 Mitglieder. Vorsitzende bleibt die dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD), Mitglieder sind u. a. Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Kämmerer Christoph Frey (SPD), sieben ehrenamtliche Stadtrats-Mitglieder (Grüne/Rosa Liste drei, SPD/Volt zwei, CSU/FW zwei) und fünf Mitglieder der 1200 Beschäftigten von Gewofag und GWG. (CTO).1

SPD-Fraktionschef bewirbt sich. Christian Müller signalisierte Interesse am Posten des Geschäftsführers für den Bereich Wohnungsbewirtschaftung und soziale Dienstleistungen. Seine SPD-Fraktion bescheinigte ihm die nötigen Kenntnisse als Fachbereichsleiter bei der Münchner Caritas.2

Gewofag-Betriebsrat wehrt sich gegen Fusion. Der Gewofag-Betriebsrat an an den Stadtrat geschrieben und benannte für die Fusion „rein parteipolitische Interessen“. Er verneinte deren wirtschaftlichen oder wohnungspolitischen Sinn und kritisierte dass – entgegen der „Prosa“ – die Belegschaft eingebunden worden sei. Er selbst habe Informationen erst letzte Woche bekommen. Ein neuer gemeinsamer Firmensitz bedeute eine Verschwendung von Steuergeldern. Außerdem warnte der Betriebsrat vor „jedem Eingriff von Dritten in Tarifsysteme und Betriebsvereinbarungen“. Deshalb forderte der Betriebsrat in seinem Brief die Stadträte auf: „Stimmen Sie gegen die Fusion.“ Der grüne Stadtrat Bernd Schreyer äußerte dagegen, die Fusion sei wirtschaftlich sehr sinnvoll, und keiner werde weniger verdienen. Einen gemeinsamen Firmensitz bezeichnete er als „Vision“.3

Opposition kritisiert „Hauruckverfahren“. Trotz der Kritik stimmte die grün-rote Koalition für das Fusions-Konzept. Münchner Wohnen werde ab 1.1.2024 die zusammen 70.000 Wohnungen verwalten. Grünen-Stadtrat Bernd Schreyer bezeichnete es als sehr geschickt, dass die Stadt zehn Prozent der neuen Gesellschaft im Besitzbehalte.
Das ist ein steuersparender Share-Deal: siehe oben.
Die dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) bezeichnete die Beteiligung der Belegschaft als „elementar“ und wunderte sich über die Kritik des Betriebsrats. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Anne Hübner erwartet von der Fusion einen Schub für den Bau neuer Wohnungen; dies sei „die vordringlichste Aufgabe“ von Münchner Wohnen.
Wie schon so oft erwähnt: Wenn man eine grenzenlose Wachstumspolitik mit einen ungebremsten Zuzug von Arbeitsplätzen verfolgt, schafft man die Wohnungsnot, die man lauthals beklagt.
In der CSU-Fraktion beklagte man die spärlichen Informationen und das Fehlen einer steuerlichen Prüfung der Fusion. FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann kritisierte, dass einem angeblichen Synergie-Vorteil von zehn Millionen Euro keine Kosten für die negativen Folgen gegenüberstünden. ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff kritisierte ebenfalls die Risiken und den unnötigen Zeitdruck, da es sich bei Gewofag und GWG um zwei funktionierende Gesellschaften handle. Für Brigitte Wolf (Die Linke) sind das Hauptproblem des Wohnungsbaus die fehlenden Flächen.4

Grüne kritisieren Photovoltaik-Ausbau bei GWG und Gewofag. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dominik Krause bemängelt, dass beide städtische Wohnungsbaugesellschaften beim Ausbau der Sonnenenergie-Nutzung untätig seien bzw. sogar einer „Verhinderungstaktig“ betrieben. Stadtbaurätin Elisabeth Merk hat in einer aktuellen Beschlussvorlage festgehalten, dass alle Neubauten seit 2021 möglichst schnell mit Photovoltaik-Anlagen auszustatten seien und GWG und Gewofag jährlich 12,5 MW Peak installieren müssen. Das wären etwa 4000 Wohnungen. Einige Stadträte halten dies für unrealistisch.5

Auch Stadt nutzt umstrittenen Share Deal. Ansonsten wird diese Investoren-Masche geächtet: Bei Übernahmen mit einem Rückbehalt von über 10 Prozent der Anteile fällt keine Grunderwerbssteuer (in Bayern 3,5 Prozent) an. Nun bedienst sich die Stadt bei der Fusion von GWG und Gewofag zu Münchner Leben selbst dieser Methode. Vertreter der Grünen und der SPD eiern angesichts dieses Sachverhalts einigermaßen herum: nur „vorübergehend“, „verkauft wird nichts“, „sozialer Zweck im Mittelpunkt“. 2021 hatte die Stadt 6,47 Milliarden Euro Steuereinnahmen: Davon kamen 264 Millionen Euro über die Grunderwerbssteuer. Bei geschätzten 20 Milliarden Euro Grundvermögen von GWG und Gewofag würden rund 700 Millionen Euro Grundsteuer anfallen.6

Februar 2023: Veranstaltung gegen Abriss. Am 9.2.2023 ab 14 Uhr findet eine Informationsveranstaltung Stopp den Abrissfrevel an der Gubestraße 5 statt für den Erhalt der Siedlung „Neue Heimat“ südlich Baubergerstraße. Zur Info: Demo_Einladung
Nächste Infoveranstaltung „Sanieren statt Planieren! Samstag, 18.2.2023, 11 – 16 Uhr: Bauberger-/Ecke Gube-Straße
Die GWG will ihre Karlingersiedlung zwischen Gube-, Hugo-Troendle-, Bauberger- und Karlingerstraße Haus für Haus abreißen und neu bebauen, weil die Siedlung aus den 40er-Jahren angeblich marode ist. Der Bauingenieur Dr. Joseph Jordan sieht dagegen eine Sanierung als „schneller, wirtschaftlicher und nachhaltiger“. Einige Freiflächen könnten neu bebaut werden. Und ein Parkhaus würde Baumfällungen vermeiden. Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege befürwortet in einem Schreiben an die GWG eine neue Prüfung auf Erhalt. Inzwischen sind zwei Häuser abgerissen: Zwölf könnten laut Jordan aber erhalten bleiben. Eine ehemalige Bewohnerin kritisiert den geduldeten Verfall durch die GWG – und bei den Neubauten würden sich die Mieten verdoppeln. Die GWG äußerte dagegen, aus Gründen des heutigen Wohnraumbedarfs, der sozialen Infrastruktur und der Erreichung der Klimaneutralität würde die Siedlung angerissen.7

Ärger bei der Gewofag (1): Anonyme Schreiben. Klaus-Michael Dengler, der CEO der „Münchner Wohnen“ werden will, ist in die Kritik geraten. In zwei anonyme Schreiben, die im Oktober und Dezember 2022 beim Revisionsamt eingingen, wird von einer Person, die seit langer Zeit bei der Gewofag arbeitet, berichtet, dass sich das Betriebsklima bei dem Unternehmen kontinuierlich verschlechtert habe. Es habe Mobbing gegeben, und außerdem habe Dengler seine Ehefrau, die als Kommunikationschefin arbeitet, zur „hoch dotierten Bereichsleiterin“ gemacht. Zu den Vorwürfen gegen Dengler gehörte auch, dass er privat einen Porsche fahre. Dengler sei „völlig abgehoben“. In einem dritten Schreiben vom Januar 2023 wird Dengler vorgeworfen, zwei weiteren engen Familienmitglieder Stellen bei der Gewofag besorgt zu haben.. Der Pressesprecher der Gewofag sagte, man habe inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Außerdem wurde eine Gerichtsgutachterin für forensische Linguistik beauftragt, in einem Sprachgutachten zu eruieren, wer sich hinter dem anonymen Schreiben verbirgt. Danach habe „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ der Betriebsrat-Vorsitzende der Gewofag die Schreiben verfasst. Der weist diesen Vorwurf entschieden zurück. Dennoch wurden arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen ihn eingeleitet. (Inzwischen wurde ihm fristlos gekündigt.) Es gab auch ein „Plädoyer der Gewofag-Führungsmannschaft für Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler“. Am 21. März soll eine Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses zu dem Fall stattfinden. Denglers Vertrag würde noch bis 31.5.2026 laufen.8 Sein Gehalt lag 2021 bei 264.420 Euro.9

Ärger bei der Gewofag (3): Rücktritt gefordert. CSU-Fraktionsvorsitzender Manuel Pretzl und CSU-Stadträtin Heike Kainz haben gefordert, Klaus Michael Dengler, den Chef der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag von seinen Aufgaben zu entbinden. Schreiben der beiden hatte Dengler im Rahmen der Suche nach dem/der anonymen Briefschreiber/in begutachten lassen. Pretzl äußerte, Dengler erinnere ihn in seiner blinden Jagd auf Schreiber der anonymen Briefe an Kapitän Ahab und seiner Jagd nach Moby Dick. Die CSU besetzt zwei der 12 Aufsichtsratsposten der Gewofag. Unterstützung erhielt die CSU von der FDP/Bayernpartei sowie von Die Linke/Die Partei. SPD und Grüne erklärten, der Aufsichtsrat sei nicht vorab über das linguistische Gutachten informiert worden.10

Streit mit Dengler geht weiter. In der Vereinigung Münchner Wohnungsunternehmen (VMW) sind Genossenschaften und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften vertreten, auch die städtischen Gewofag und GWG. Am 13.3.2023 traf sich die VMW zur Mitgliederversammlung. Vorsitzender der VMW ist Dengler. Bürgermeisterin Verena Dietl und Stadtbaurätin Elisabeth Merk sprachen Grußworte. Gleichzeitig tagten die Stadtratsfraktionen. Die Aufsichtsratsvorsitzende der Gewofag, Bürgermeisterin Dietl wie auch OB Dieter Reiter äußerten sich zurückhaltend zu der Affäre und wollten den Bericht des Revisionsamts abwarten. Inzwischen erklärte der Betriebsratsvorsitzende der Gewofag, Harald Wolf, dass ihm die Gewofag fristlos gekündigt habe. Das forensische Gutachten hatte ergeben, dass er vermutlich der Autor der anonymen Schreiben sei, was Wolf bestreitet. Der Betriebsrat hat die Kündigung zurückgewiesen und zieht vor das Arbeitsgericht. Der Aufsichtsrat tagt am 14.3.2023: Hier treffen sich je zwei Vertreter von Grünen, SPD und CSU, Kämmerer Christoph Frey (SPD), Stadtbaurätin Elisabeth Merk und vier Arbeitnehmervertreter und -vertreterinnen.11 – Nach drei Stunden Tagung beschloss der AR einstimmig, sich bis zum Bericht des Revisionsamts zu vertagen. Denglers Vertrag endet im Mai 2026: Sollten keine Gründe für eine Kündigung vorliegen, werden die daraus resultierenden Gehaltsforderungen bei einer hohen sechsstelligen Summe liegen. Die zweite Geschäftsführerin der Gewofag ist die Architektin Doris Zoller.12

Posten-Schachereien im Münchner Rathaus. Dengler hat Texte des früheren Gewofag-Geschäftsführers Max Straßer überprüfen lassen (siehe unten), der bis Oktober 2021 mit Dengler die Geschäftsführung bildete. Er bekam 2016 unter der rot-schwarzen Rathauskoalition diesen Posten zugesprochen; im Gegenzug wurde der SPD-Stadtrat Christian Amlong als Geschäftsführer der GWG inthronisiert.13

Denglers Abgang. Dengler hatte veranlasst, dass Textproben von folgenden Personen untersucht wurden: Stadträtin Heike Kainz (CSU), zweite stellvertretende Vorsitzende des Gewofag-Aufsichtsrats; Manuel Pretzl, CSU-Fraktionschef; Max Straßer (CSU), ehemaliger Co-Geschäftsführer; mehrere Mitglieder des Gewofag-Betriebsrates. Die Stadtrats-CSU forderte Denglers Absetzung. Die Grünen bezeichneten sein Vorgehen als „verstörend“. Die SPD schwieg bislang. Nun teilte die Vorsitzende des Gewofag-Aufsichtrats, Verena Dietl (SPD) mit, dass Denglers Angebot, die Zusammenarbeit sofort zu beenden, angenommen wurde. Das Revisionsamt fand keine Nachweise für eine persönliche Vorteilsnahme. Allerdings habe eine Beraterfirma ohne Ausschreibung einen Auftrag über eine Million Euro erhalten und ein neues Ressort vorgeschlagen, das dann von Denglers Ehefrau übernommen wurde. Das Revisionsamt monierte auch hohe Abfindungen und bezahlte Freistellungen: Von Januar 2014 bis Dezember 2022 wurden in 121 Fällen rund 7,3 Millionen Euro Abfindungen ausgezahlt, in 50 Fällen erst nach juristischem Streit (hierfür drei Millionen Euro); insgesamt seien es aber neun Millionen Euro an Abfindungen. Das Revisionsamt durfte im Übrigen Denglers Büro am Gustav-Heinemann-Ring in Neuperlach nicht betreten, von dem ein anonymes Schreiben kolportierte, es habe eine Größe von 200 qm.14

Dengler geht. Nach der Gutachter-Affäre trennt sich die Stadt nun mit sofortiger Wirkung von Klaus-Michael Dengler, dem Gewofag-Chef. „Es ist nicht möglich, das Vertrauen zwischen Geschäftsführer und den Gremien wiederherzustellen“, schrieb die Münchner Bürgermeisterin und Vorsitzende des Gewofag Aufsichtsrates, Verena Dietl (SPD). Der Bericht des Revisionsamtes zur Gewofag-Affäre rügte Denglers hohe Ausgaben für Abfindungen und bezahlte Freistellungen. Dengler habe auch keine Zutrittserlaubnis zu seinem Büro gegeben, um die Vorwürfe zu überprüfen, er habe ein Luxusbüro geführt. Für persönliche Vorteilsnamen für sich selbst und seine Familie habe das Revisionsamt allerdings kaum Nachweise gefunden.15

Neue Chefin für die Gewofag. Doris Zoller, die bisherige Nummer zwei der Gewofag, wurde nach dem Rauswurf des alten Geschäftsführers Dengler die Gesamtleitung der Wohnungsbaugesellschaft übertragen. Sie soll das Amt zunächst kommissarisch zusammen mit dem interimistisch berufenen Geschäftsführer der GWG, Armin Hagen, ausüben und die geplante Fusion der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften zur „Münchner Wohnen“ vorantreiben. Der SPD-Fraktionschef Christian Müller äußerte zum engen Zeitplan der Fusion bis 1.1.2024, die Ziele hätten sich nicht geändert. Er bewirbt sich selbst für die Geschäftsführung. Der Posten wird öffentlich ausgeschrieben. Wie die SZ erfahren hat, ist die Berufung Müllers, der von der Caritas kommt, sicher.16

Chef der „Münchner Wohnen“ gesucht. Die Bewerbungen für den CEO-Posten in Deutschlands viertgrößtem kommunalen Wohnungsunternehmen laufen. Dieses soll aus dem geplanten Zusammenschluss der Gewofag und ihrer Schwester Gesellschaft GWG zur „Münchner Wohnen“ entstehen und über fast 70.000 Wohnungen verfügen. Die Gewofag wird nach dem Rausschmiss von Klaus-Michael Dengler derzeit von der Architektin Doris Zoller kommissarisch geführt. Sie wird vermutlich nicht. kandidieren. Auch die GWG wird seit dem vergangenen Jahr von einem Interimschef geführt. Der Vorstandsposten für das operative Geschäft von Münchner Wohnen soll öffentlich ausgeschrieben werden: Jedoch hat sich die grün-rote Rathauskoalition bereits auf den SPD-Fraktionschef Christian Müller geeinigt. 17

Zwei Bauprojekte. Die (alte) GWG baut 1100 neue Wohnungen. Im vierten Bauabschnitt in Freiham Nord entstehen 161 öffentlich geförderte Wohnungen (Büro Steidle GmbH). An der Schwanthalerhöhe, Ecke Randlkofer- und Pfeufferstraße, werden 365 Wohnungen u. a. im München Modell und als städtische Dienstwohnungen gebaut (Palais Mai GmbH). Jährlich bewerben sich knapp 20.000 Münchnerinnen und Münchner um eine öffentlich geförderte Wohnung.18

Münchner Wohnen baut im Münchner Umfeld. Seit einigen Jahrzehnten hat die Gewofag Wohnanlagen in Taufkirchen und die GWG in Germering. Nun bauen GWG und Gewofag (Münchner Wohnen) knapp 400 Wohnungen in Poing; im zweiten Bauabschnitt sollen es noch einmal 400 werden. Die Bausumme für beide Abschnitte liegt bei über 100 Millionen Euro.19
Das dürfte nicht das letzte Bauprojekt von Münchner Wohnen im Umland gewesen sein.

Klimaneutralität unsicher. Das Ziel, bis 2030 die städtischen Wohnungen klimaneutral zu beheizen, wie es der Stadtrat 2019 beschlossen hat, ist zweifelhaft. Das ergab eine Antwort des Planungsreferats auf eine Anfrage von Stadtrat Stefan Jagel (Die Linke). Derzeit werden etwa die Hälfte der Wohnungen von Gewofag und GWG mit fossiler Energie beheizt. Das sind von den 37.000 Wohnungen der Gewofag 39 Prozent und von den 30.000 der GWG 62 Prozent. Die Fernwärme wird dabei nicht berechnet, obwohl diese Wärme größtenteils mit Gas und Kohle erzeugt wird. Bei Neubauten sank der Anteil fossiler Energieträger von 50 auf 24 Prozent. Die Stagnation ergebe sich vor allem aus dem Zukauf auf Basis der städtischen Vorkaufsrechtes: meist Häuser mit fossil betriebenen Heizungen. Zwar sollen Neubauten zukünftig nur noch durch Fernwärme oder Wärmepumpe beheizt werden, aber ob dies gelingt, hänge von der SWM und dem Ausbau des Fernwärmenetzes ab. Es werde weiter nach machbaren technischen Antworten für Neubauten gesucht.20

Anfragen an den Oberbürgermeister zu GWB und Gewofag. Die Stadtratsfraktion Die Linke (Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas
Lechner und Brigitte Wolf) stellte am 9.6.2023 fünf Anfragen an OB Dieter Reiter (SPD), u. a. Planieren statt Sanieren: Herrscht eine Abriss-Mentalität bei GWG und GEWOFAG? „Es ist deutlich, dass es angesichts der Klimakatastrophe ein Umdenken geben muss. Weg von der Abriss-Mentalität und hin zum Bauen im Bestand. Sanieren, Umbauen, Umnutzen und Erweitern müssen die Regel und Abriss die Ausnahme werden. Gleichzeitig reißt vor allem die städtische Wohnungsgesellschaft der GWG seit Jahren Tausende Wohnungen ab, um sie mit Neubauten zu ersetzen. So will die GWG allein in Moosach 12 Wohngebäude mit etwa 500 Wohnungen abreißen, wogegen sich vor Ort Protest erhoben hat. Dazu verfolgt die GWG Abriss- und Neubauprojekte am Harthof und in Ramersdorf Neuperlach. Ähnlich großflächige Abrissvorhaben der GEWOFAG sind uns aktuell nicht bekannt, obwohl auch die GEWOFAG Wohnungsbestand aus denselben Jahrzehnten besitzt, den die GWG aktuell abreißt.“ Die Linke will u. a. wissen, wie viele und welche Abrissbegehren der städtischen Wohnungsunternehmen dem Planungsreferat bekannt sind, wie viele Wohnungen von GWG und Gewofag in den letzten Jahren abgerissen wurden, ob eine Wirtschaftsberechnung im Vergleich Abriss und Neubau gegenüber Sanierung angestellt wurde, wie GWG und Gewofag „graue Energie“ einsparen möchten.21

Klimaneutralität verschoben. Die Münchner Stadtverwaltung und die rund 68.000 Wohnungen von GWG und Gewofag sollten bis 2030 klimaneutral sein: Von diesen 68.000 Wohnungen müssen etwa 36.000 energetisch saniert werden; fast 8000 sollen auf Fernwärme oder eine alternative Heizungsenergie umgestellt werden. Laut Berechnungen der Stadt hätte dies über sechs Milliarden Euro gekostet. Nun ist der Termin gemäß einer Vorlage von Stadtbaurätin Elisabeth Merk ohne Begründung auf 2040 verschoben worden. GWG und Gewofag dürfen die Modernisierung mit fünf Prozent (maximal drei Euro) auf die Miete umlegen – solange, bis sich die Sanierungskosten amortisiert haben. Das Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) hat für das Planungsreferat in einer Studie vom Juli 2022 eine Art Fahrplan erstellt mit vier Empfehlungen: – Fernwärme, wo möglich, „Worst first“ – zuerst die schlechten Gebäude sanieren, – Heizen ohne fossile Energie, – Energie-Standard EH 55. Das FIW musste bereits seine Studie angesichts der um 15 Prozent gestiegenen Baukosten nachbessern.22
Bisher wurde noch nicht klar dargelegt, auf welche Energien die Fernwärme ohne Öl und Gas (und Müllverbrennung) zurückgreifen wird.

Gegendemo gegen Abriss Karlingerstraße 30a: DEMO und Gegendarstellung gegen den Abrissfrevel – fürs Ressourcen-Schonende Sanieren im Bestand; Wann: Donnerstag 13.07.2023, ab 17:30 Uhr; Wo: Karlingerstraße 30a, 80993 München
von der GWG unpassend: zuerst wird entmietet – dann zur Abrissparty / Gartenfest in einem entvölkerten und ausgelöschten Stadtviertel eingeladen
von der GWG geschmacklos: zuerst werden Mieter ohne Ersatzwohnung mit Räumungsklage hinausgeschmissen – aber Geld für Livemusik und Kuchen
von der GWG dreist und frech: die Ersatzwohnungen haben sich für die Mieter bis aufs 3-fache verteuert – aber Geld für Abrissparty
Daher: Mitstreiter gesucht – gerne lassen wir uns den fremden Kuchen schmecken, die Musik zahlen die anderen! (Aus einem Flugblatt von Dr. Joseph Jordan)
Geld und Chef gesucht. Am 9.8.2023 soll der Nachfolger von Klaus-Michael Dengler als künftiger Chef von Münchner Wohnen bestimmt werden. Gesucht werden auch 6,7 Milliarden Euro zur Sanierung des Wohnungsbestandes von rund 68.000 Wohnungen bis zur angestrebten „Klimaneutralität“ im Jahr 2040. Vier Prozent des Wohnungsbestandes pro Jahr sollen für jeweils 418 Millionen Euro nach höchsten ökologischen Standards saniert werden; gleichzeitig sollen jährlich 1345 Wohnungen neu gebaut werden: und dies bei immens gestiegenen Baukosten und Handwerkermangel. Die Mieten der bisherigen GWG- und Gewofag-Wohnungen werden von 2019 bis 2024 nicht erhöht. Die Bankzinsen stiegen seit 2022 von unter einem Prozent auf knapp vier Prozent und mehr.23
Was für eine Traumtänzerei – dabei wird München schon bald am finanziellen Abgrund stehen.
Neuer Chef von Münchner Wohnen wird ab 1.1.2024 ein Senior mit 68 Jahren, Andreas Lehner. Er hat bis 2007 Deutsche Wohnen geführt und war zuletzt Partner bei Hohlbein und Cie und AR-Chef der Deutsche Investment Kapitalverwaltung AG, Berlin.24
  1. Krass, Sebastian, Aus GWG und Gewofag wird „Münchner Wohnen“, in SZ 14.12.2022 [] []
  2. Hoben, Anna, Krass, Sebastian, Wechsel geplant, in SZ 10.12.2022 []
  3. Krass, Sebastian, Kritik an „Münchner Wohnen“, in SZ 20.12.2022 []
  4. Effern, Heiner, Zwei unter einem Dach, in SZ 22.12.2022 []
  5. Krass, Sebastian, „Verhinderungstaktik“ bei Photovoltaik-Ausbau, in SZ 12.1.2023 []
  6. Krass, Sebastian, Stadt nutzt ungeliebten Steuertrick, in SZ 7.2.2023 []
  7. Strobach, Benedikt, Kommt Bürgerbegehren? Moosacher will Abriss der Karlingersiedlung stoppen, in tz.de 16.2.2023 []
  8. Hoben, Anna, Krass, Sebastian, Anonyme Briefe und ein Porsche, in SZ 11.3.2023 []
  9. Limmer, Julian, Was Münchens Bosse im Jahr verdienen: Spitzenreiter setzt sich klar ab, Frauen hinken hinterher, in tz.de 11.12.2022 []
  10. Hoben Anna, Krass, Sebastian, Stadträte fordern Ablösung von Gewofag-Chef Dengler.in SZ 13.3. []
  11. Hoben Anna, Krass Sebastian in „Irritierend bis verstörend, SZ 14.3.2023 []
  12. Hoben, Anna, Krass, Sebastian, Gewofag-Chef auf der Kippe, in SZ 15.3.2023 []
  13. Hoben, Anna, Krass, Sebastian, Gutachten-Affäre weitet sich aus, in SZ 17.3.2023 []
  14. Effern, Heiner, Hoben, Anna, Oberster Wohnbau-Manager muss gehen, in SZ 18.3.2023 []
  15. Effern, Heiner, Hoben. Anna, Oberster Wohnbau-Manager muss gehen, in SZ 18.3. 2023 []
  16. Effern, Heiner, Hoben, Anna, Krass, Sebastian, Gewofag erhält kommissarische Chefin in SZ 22.3.2023 []
  17. Krass, Sebastian, Wer wird größter Vermieter der Stadt? im SZ 1.4.2023 []
  18. 1100 neue Wohnungen, in tz.de 15.4.2023 []
  19. Städtische Töchter bauen 400 Wohnungen in Poing, in SZ 2.5.2023 []
  20. Kastner, Bernd, Klimaneutralität in Gefahr, in SZ 5.6.2023 []
  21. https://ru.muenchen.de/pdf/2023/ru-2023-06-09.pdf, S. 24 []
  22. Kastner, Bernd, Tausende Münchner Mieter müssen umziehen, in SZ 3.7.2023 []
  23. Mölter, Joachim, „Münchner Wohnen“ braucht Milliarden, in SZ 9.8.2023 []
  24. Andreas Lehner wird neuer Gewofag-Chef, in SZ 17.8.2023 []
Moloch München Eine Stadt wird verkauft

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