Moloch München Eine Stadt wird verkauft

März 2022

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 5.6.2022

März 2022: Aus traurigem Anlass. Der russische Diktator Putin hatte schon 2015 mit den menschenverachtenden Bombardierungen in Syrien eine Politik der Destabilisierung von Europa mit den nachfolgenden Flüchtlingsströmen betrieben. Diese Flüchtlingswelle hatte auch Auswirkungen auf die Wohnungsnot in Deutschland. Dies wiederholt sich nun mit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Mitte März 2022 waren bereits über vier Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer auf der Flucht, davon sind über 200.000 nach Deutschland geflüchtet. Die freundliche Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland ist erfreulich. Aber diese Flüchtlingswelle ist noch längst nicht zu Ende. Auch diese zweite, von Russland bewusst herbeigebombte Flüchtlingswelle wird sich entsprechend auf die Wohnungssituation in Deutschland auswirken. Und natürlich muss man um Tausende Tote und Verletzte trauern: der Willkür eines Despoten geschuldet.
Hier noch eine Analyse des Spitzenverbands Zentraler Immobilien-Ausschuss (ZIA) vom März 2022, der einige Szenarien durchgerechnet hat. Das „günstigste“ Szenario verzeichnet die Zahl von 310.000 ukrainischen Flüchtlingen und einem Bedarf von 120.000 zusätzlichen Wohnungen. Das mittlere Szenario geht von 810.000 Flüchtlingen aus; dies würde einen Bedarf von 310.000 Wohnungen bedeuten. Der Maximalfall rechnet mit bis zu 1,29 Millionen Flüchtlingen: Dies erfordere eine halbe Million zusätzlicher Wohnungen. Die Hälfte der Wohnungsnachfrage müsste durch Neubau erfolgen. Der ZIA forderte auch einen Gipfel mit Bund, Ländern und Gemeinden, der Wirtschaft und Hilfsorganisationen. ZIA-Präsident Andreas Mattner äußerte: „Wir brauchen grünes Licht für Erleichterungen in sämtliche Phasen des Wohnungsbaus. Immobilienwirtschaft und Kommunen müssen an einem Strang ziehen.“1

März 2022: Umgebautes Bauministerium. Die bayerische Verkehrs- und Bauministerin Kerstin Schreyer hatte einige für Mieter wichtige Gesetzesumsetzungen verzögert: Sie hatte als einzige Bundesministerin gegen eine rasche Reaktion auf die Einschränkung des Vorkaufsrechts durch das BVerwG gestimmt. Und beim am 26.6.2021 in Kraft getretenes „Baulandmobilisierungsgesetz“, das den Gemeinden mehr Schutz für bezahlbaren Wohnraum geben soll, müsste seitdem die bayerische Staatsregierung zwei Verordnungen beschließen: zum einen München in den Status angespannter Wohnungsmarkt zu setzen und zum anderen eine Festlegung, ab wie vielen Wohnungen in einem Gebäude das Umwandlungsverbot gültig ist. Das Bundesgesetz nennt die Zahl über fünf; Landesregierungen dürfen die Zahl zwischen drei und 15 wählen. Auch hier blockierte Schreyer. Nun wurde sie am 23.2.2022 durch den Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU) ersetzt.2
Nachtrag Mai 2022: Das bayerische Bauministerium hat endlich die Verordnung für München ratifiziert: Damit ist das „Baulandmobilisierungsgesetz“ des Bundes auch hier in Kraft. Die Stadt kann damit in Baugebieten mehr Wohnraum erlauben. Die zweite Verordnung, der die Erschwerung bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen betrifft, ist aber immer noch nicht vom bayerischen Kabinett beschlossen. Dieses müsste endlich festlegen, ab welcher Zahl von Wohneinheiten das Umwandlungsverbot gültig ist: Die Spanne liegt zwischen drei und 15.3

März 2022: Münchner Bürgerdialog online. Ein Verzeichnis der Münchner Bürgerinitiativen, die mit urbanen Themen befasst sind, findet sich hier.

März 2022: Abriss in Laim. An der Burgkmairstraße 9 steht das achtgeschossige Thomas-Wimmer-Haus mit 98 Wohnungen aus dem Jahr 1968, das nun abgerissen und neu gebaut werden soll. Es ist Teil der städtischen Stiftungssiedlung Alte Heimat. Hier leben derzeit 60 Senioren. Der Neubau wird 154 Wohnungen haben, davon sollen 20 Prozent für das Pflegepersonal zur Verfügung stehen. Auftraggeber für Sanierung und Neubauten ist das Kommunalreferat. Rund 50 Millionen Euro sollen investiert werden, davon wird ein Drittel vom Freistaat kommen.4
Leider hat die Sanierungswelle nun mit voller Wucht die Sechziger und Siebziger Jahre erreicht. Oft wird eine Sanierung nicht einmal angedacht.

März 2022: Verbietet das Abreißen. Am 7.3.2022 stellten der Landesverein für Heimatpflege und der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) ihre Initiative gegen die Abreißerei vor. Pro Person fallen in Deutschland 227 kg Abfall an: aber über 2,500 kg an Bauschutt und Abbruchmasse. Historische Verluste gibt es nicht nur in den Städten: Auf dem Land werden alte Wirtshäuser, Bauernhöfe und andere prägende Bauwerke abgerissen. Dabei könnten viele alte Bauwerke umgenutzt werden. Annemarie Bosch vom Präsidium des BDA wies auf die Zerstörungswelle von Wohngebäuden aus den Sechziger und Siebziger Jahren hin: immerhin ein Bestand von zwölf Millionen Wohnungen. Beide Institutionen haben 13 Forderungen pro Umbau aufgestellt. Insbesondere müsse die Graue Energie in die Bilanzen einfließen, damit eine Kostenwahrheit zwischen Neubau und Umbau entsteht.5

März 2022: Vom Euro-Industriepark zum Euro-Wohnpark. „Der Euro-Industriepark liegt nördlich des Eisenbahn-Nordringes bzw. des Frankfurter Rings beiderseits der Ingolstädter Straße zwischen Zenith/Lilienthalallee und Knorrstraße, sowie südlich der Bayern-Kaserne/Heidemannstraße. Südliche Erschließungsstraße des östlichen Teils ist die Schwarzhauptstraße, eine weitere Erschließungsstraße die Maria-Probst-Straße bis Helene-Wessel-Bogen. Der westliche Teil wird durch den Anton-Ditt-Bogen und die Hufelandstraße erschlossen und begrenzt. (…) Der Kaufmann Anton Ditt kaufte von der Deutschen Bundesbahn für seine Euro-Boden Gesellschaft mbH Gelände, um dort einen Industriepark nach US-amerikanischem Vorbild zu errichten. 1963 begann die Erschließung des Geländes, 1968 wurde zusammen mit den 40 Firmen, die sich hier ansiedelten, Richtfest gefeiert und wenig später eröffnet. 1970 wurde die zuerst private Bezeichnung Euro-Industriepark als amtlicher Ortsname für dieses Gebiet vom Baureferat der Landeshauptstadt München verwendet.“ (Aus Wikipedia) Der Europark ist etwa 215 Hektar groß und war vor allem im Hinblick auf die autogerechte Stadt für Einkaufszentren mit riesigen Parkplätzen nach amerikanischem Muster gedacht. Nun soll hier (wieder einmal) ein neues, riesiges Wohngebiet entstehen. Das Planungsreferat wird prüfen, ob man eine „Sanierungssatzung“ erlassen kann. Laut Stadtbaurätin Elisabeth Merk könnte man eventuell Städtebau-Fördermittel erhalten.6

März 2022: Grünwald in Großhesselohe. In der Gemeinde Pullach beträgt der Gewerbesteuer-Hebesatz 260 (Grünwald: 240; München: 490). Hier steht der alte Isartalbahnhof, der seit 1998 zum Imperium des Investors Urs Brunner gehört. An der Frontseite hat er im Erdgeschoss zwei Fenster und eine Türe, im 1. Stock drei Fenster. Auf dem Briefkasten klebt ein ausgedruckter Zettel mit 15 Brunner-Firmen. Laut Auskunft des kaufmännischen Leiters der Dr. Brunner Unternehmensgruppe, Rainer Schunke, haben die bayerischen Finanzbehörden im Oktober 2021 eine Prüfung durchgeführt, die keinerlei Verstöße verzeichnet habe. Seit 2014 hat die Gemeinde Pullach eine grüne Bürgermeisterin, Ex-MdL Susanna Tausendfreund, die über eine grüne Gemeinderatsmehrheit verfügt. Die Gemeinde mit 9100 Einwohnern ist Sitz von 3450 Firmen. Das ist ein Verhältnis von 2,63 Einwohnern pro Firma. Tausendfreunds Parteikollege Tim Pargent nannte Multi-Firmensitz des Brunner-Imperiums einen „dreisten Fall von Steuerdumping“. Florian von Brunn, der SPD-Fraktionschef im Landtag, nannte dies eine „grenzwertige Steuertrickserei“. Tausendfreund verwies auf die langjährigen Pläne für ein neues Brunner-Verwaltungsgebäude in der Gemeinde Pullach.7

März 2022: Tiere im Eggarten – der blinde Fleck. So heißt eine Ausstellung der GartenpächterInnen des Eggartens. Seit 2015 sammeln sie Fotos von dort lebenden Tieren. Brigitte Voit hat die Fotosammlung der Tiere zusammengestellt. Zur Einladung: hier
Ort: Oh Circle, Olympiadorf, Helene-Mayer-Ring 14 (Ende der Ladenstraße), 1.3.2022 bis 1.5.2022, Mi/Do 11.30 – 18 Uhr, Fr 11.30 – 21 Uhr, Sa/So 10 – 17 Uhr

März 2022: Zoff um die Hirmer-Bauten. In Obersendling stehen an der Aidenbach- und Kistlerhofstraße sechs Gebäude, die sogenannten Hirmer-Bauten. Die Empira Asset Management GmbH hat hierfür einen Antrag auf Vorbescheid gestellt: Haus 1 und Haus 5 sollen um eine Etage aufgestockt werden. Vier Gewerbebauten sollen durch Neubauten ersetzt werden, u. a. durch einen neungeschossigen Hochpunkt. Der BA 19 befürwortete grundsätzlich das Bauprojekt, stritt aber über die bestehenden Mietverträge. Dorle Baumann (SPD) wies auf den unter ökologischen Gesichtspunkten problematischen Abriss hin und empfahl stattdessen Umbau und Aufstockung. Die Fraktionssprecherin der Grünen, Henriette Holtz, sah dagegen eine „totale Aufwertung“ des Gewerbegeländes. Für den krankheitsbedingt abwesenden Alexander Aichwalder (Grüne), den Vorsitzenden des Unterausschusses Bau und Planung, waren die Einwände der SPD „einfach nur erbärmlich“, da die Neubauten höhere ökologische und energetische Standards hätten.
Aichwalder scheint noch nichts von grauer Energie und anderen problematischen Folgeerscheinungen der deutschen Bau-Abrissorgien vernommen zu haben. Ein Beispiel: Pro Kopf fällt jährlich etwa 250 kg Abfall an – und 2,5 Tonnen Bauschutt.
Der BA äußerte schließlich einige Wünsche wie einen höheren Grünanteil und eine verbesserte Wegführung. Die Fällung von 48 Bäumen stellte für den BA kein Problem dar.8

März 2022: Ende eines Parkhauses. Das Fina-Parkhaus an der Hochbrücken-/Hildegardstraße ist Geschichte. Die Investoren Wöhr und Bauer planen hier Büros, Geschäfte, Gastronomie und Luxuswohnungen. Das Fünf-Sterne-Hotel Mandarin Oriental hatte ursprünglich im Neubau eine Dependance mit Zimmern geplant und wollte von den über 200 Millionen Euro teuren Neubau einen Anteil übernehmen: Aufgrund der Pandemie-bedingten Tourismuskrise ist das Hotel aus dem Projekt ausgestiegen.9
Nachtrag Mai 2022: Die zwei geplanten Stadthäuser tragen den Projektnamen Hilde und sollen bis 2026 fertiggestellt sein. Die Investoren Wöhr und Bauer möchten 50 oberirdische Parkplätze erhalten, während der BA Altstadt – Lehel diese streichen möchte und einen verkehrsberuhigten Platz fordert.10

März 2022: Erweiterung der Heyse-Villa. Der Literaturnobelpreisträger Paul Heyse wohnte 30 Jahre in der 1835 erbauten Villa an der Luisenstraße 22. Das Anwesen wurde 2013 von Reinhard Zinkmann gekauft, dessen Umbaupläne weder in der Maxvorstadt noch beim Planungsreferat gut ankamen. Der Architekt Carlos Graf Maltzan kaufte danach die Luisenstraße 22 und einigte sich vor Gericht mit der LBK über einen Neubau mit 15 mal 19 Meter: Hier ist eine Tiefgarage geplant, dazu im Erdgeschoss und im 1. Stock Büros und Ladengeschäfte. Die Heyse-Villa bleibt unter Denkmalschutz. Die meisten der bisherigen Mieterinnen und Mieter sind inzwischen ausgezogen. Die Bauarbeiten sollen drei bis vier Jahre andauern. Der BA Maxvorstadt ist nach wie vor gegen das Bauvorhaben, noch dazu, weil Bäume gefällt werden müssen.11

März 2022: Übersehenes Denkmal in Milbertshofen? Das Wohnhaus mit Laden an der Schleißheimer Straße 314 wurde 1913 erbaut. Nun soll es für einen Neubau abgerissen werden: Im Sommer 2021 kaufte eine Projektgesellschaft aus Oberhaching das Anwesen und stellte im Dezember 2021 einen Bauantrag für zwölf Wohneinheiten plus Tiefgarage. Obwohl es 109 Jahre alt ist, steht es bislang nicht unter Denkmalschutz. Das Haus liegt in einem Milieuschutzgebiet; die Stadt verzichtete im Sommer 2021 aufgrund von Stadtratsrichtlinien auf einen Ankauf, da das Wohnhaus weniger als vier Wohnungen und weniger Wohnbaurechtsreserve als 600 qm Geschossfläche hat. Da die Fassade noch weitgehend erhalten ist, will das BLdD die Denkmaleigenschaften überprüfen.12
Nachtrag März 2022: Denkmalschutz. Durch die Anfrage der Presse hat das BLfD das Haus 314 bemerkt und überprüft. Inzwischen hat die Stadt mitgeteilt, dass es unter Denkmalschutz gestellt wird: Damit braucht der Eigentümer für jede Veränderung am Gebäude eine Erlaubnis  der Denkmalschützer. Ein Abbruch erscheint nun unwahrscheinlich.13

März 2022: BA Forstenried gegen Neubau. In der Herterichstraße 173 soll ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten, einem Einfamilienhaus und eine Tiefgarage gebaut werden. Der Denkmalschutz hatte auf Änderung der Pläne gedrängt, da die Neubauten nicht zur denkmalgeschätzten Umgebung passten. Die erfolgten Planänderungen reichen dem BA 19 aber nicht: Die Bebauung stehe nicht im Einklang mit dem Gebietscharakter, und außerdem könne die massive Bebauung wiederum Präzedenzfälle für weitere Neubauten schaffen.14

März 2022: BN schlägt „Central Park“ vor. Die Sonnenstraße war bis 1938 ein grüner, parkähnlicher Straßenzug mit 5,5 Hektar, der von Friedrich Ludwig von Sckell und Gustav Vorherr im 19. Jahrhundert gestaltet wurde. 1938 holzten die Nationalsozialisten alles ab und machten daraus ein Aufmarschareal. Heute fahren täglich 30.000 Autos auf jeweils fünf Spuren durch die Sonnenstraße. Der BN schlug nun vor, die Trambahngleise auf die Ostseite zu verlegen, nur noch eine Fahrspur pro Richtung zu planen und die Mitte auf 30 Meter Breite mit Hunderten von Bäumen zu bepflanzen. Der Munich Central Park würde auch der Klimaerwärmung entgegenwirken, die sich schon jetzt in der Innenstadt besonders gravierend auswirkt. Laut BN könnte der Central Park in zehn bis 15 Jahren fertiggestellt sein. Die grün-rote Stadtratsfraktion unterstützt den Plan. Die CSU äußerte Bedenken bezüglich der Verkehrs-Reduzierung.15

März 2022: Söder bestattet Konzertsaal im Werksviertel. Offiziell will der bayerische Ministerpräsident Markus Söder eine durch Corona und den Ukraine-Krieg bedingte Denkpause bis zum Jahr 2023. Für ihn wird der Konzertsaal frühestens Anfang oder Mitte 2030 fertig. Zur Kostenentwicklung: Die Staatskanzlei ging zunächst von 150 bis 300 Millionen Euro aus. 2016 rechnete das Finanzministerium schon mit 370 Millionen. Im Juli 2021 wurden im Haushaltsausschuss des Landtags 580 Millionen Euro diskutiert. Die aktuellen Kosten liegen derzeit schon bei 700 Millionen Euro. Söder setzt die endgültigen Kosten nun mit über eine Milliarde Euro an.
Und zum Ort des Geschehens: Für die SZ-Journalisten ist das Werksviertel kein Hinterhof: Sie bezeichneten es im Interview als einen „modernen, inspirierenden, neuen Teil von München“. Söder: „Darüber streiten die   Experten.“16 – Für Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) ist eine Hinterfragung des Baus „vernünftig“, da München nach der Sanierung der Philharmonie im Gasteig zwei Konzertsäle höchster Güte habe. Der Münchner Kulturreferent Anton Biebl zählte auf: Isarphilharmonie, sanierte Gasteig-Philharmonie, Herkulessaal, Prinzregententheater und eventuell noch die Paketposthalle.17
Auch interessant: Der Freistaat Bayern hat sich 2016 mit dem Grundeigentümer (und Pfanni-Erben) Werner Eckart auf ein „unbefristetes Erbbaurecht“ geeinigt. Alle 44 Jahre hat der bayerische Staat das Recht, zu kündigen. Die Erbpacht beträgt pro Jahr 592.00 Euro: Von 2016 bis 2060 (44 Jahre) macht dies 26.048.000 Euro aus.18

März 2022: CSU kritisiert Stadtgestaltung. Der Fraktionsvorsitzende der CSU im Stadtrat, Manuel Pretzl, beschrieb die Stadtgestaltung von Grün-Rot als mutlos, bieder, von oben herab. Die SEM Nord und die SEM Nordost hielt Pretzl nicht für Bürgerbeteiligung, sondern für „ein Diktat der Stadtverwaltung“ und „Totgeburten“: Hier will die CSU Widerstand leisten. Die Platzgestaltung (siehe Walter-Sedlmayer-Platz in Feldmoching, Willi-Brandt-Platz in Riem) gehe an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Die großen Wettbewerbe lieferten stets dieselben Sieger mit erwartbaren Entwürfen. Statt spannender Architektur käme oft „kleinkariertes Gemotze“.19

März 2022: Genug Bauplatz? Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) verkündete am 29.3.2022, es gebe genügend Baugrund in Deutschland. Das BBSR hatte in ihrem Auftrag die Verfügbarkeit von Baugrund in Deutschland anhand der Daten von 700 Städten und Gemeinden untersucht. Es gäbe hier über 99.000 Hektar baureife Fläche: Zwei Drittel sind bereits für Wohnzwecke geplant. Auf diesen fast 100.000 Hektar könnten bei normaler Bebauung bis zu zwei Millionen Wohnungen errichtet werden, bei dichterer Bebauung bis zu vier Millionen. Innerhalb von Städten und Gemeinden bestehen die verfügbaren Flächen zu etwa 40 Prozent aus Brache und zu 60 Prozent aus Baulücken. Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Eckart Würzner, forderte für Städte und Kommunen zusätzliche Rechte, um diese Flächen für den Wohnbau nutzbar zu machen. Der Vorstand der Berliner Charlottenburger Baugenossenschaft, Dirk Enzesberger, sieht hier den Preis der Grundstücke als Problem. Die Grundstücke, die seiner Genossenschaft angeboten wurden, waren so teuer, dass kein bezahlbarer Wohnraum entstehen kann, da mindestens 17 bis 18 Euro verlangt werden müssten.20
Kleine Anmerkung: Bei den anvisierten 400.000 Wohnungen pro Jahr wäre beim Maximalziel von vier Millionen Wohnungen in zehn Jahren Deutschland zugebaut. Und was dann? Dann findet man neue Baulücken, Brachen, Grundstücke auf dem Land, zu bebauende Grünflächen und landwirtschaftliche Areale …

März 2022: Bebauungsplan erfordert gewerbliches Wohnen. An der Wolfratshauser Straße 90 bis 92 in Obersendling planen die Investoren Lorenz Mayr und Hans Hammer (Hammer AG) das Projekt Isarleiten. 51 Mietwohnungen mit bis zu 120 qm und 50 „Serviced Apartments“ sind geplant. Der Bebauungsplan gibt für das Areal eine Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe vor, die mit den möblierten und auf Zeit vermieteten Apartments erfüllt werden soll.21

März 2022: Pandemie bremst angeblich Wohnungsbau in München. Nach Angaben der LH München ging die Zahl der genehmigten Wohnungen von 2020 mit 11.528 auf 2021 mit 8.655 um 2.873 stark zurück. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen fiel von 8289 im Jahr 2020 auf 7140 in 2021. Die Zahl Baurechtschaffung für Wohnungen nahm kontinuierlich ab: 2018 = 6929, 2019 = 3508, 2020 = 100, 2021 = 228. Stadtbaurätin Elisabeth Merk verwies auf die Corona-Pandemie und die zögerliche Umsetzung von Baugenehmigungen durch private Bauherren. Diese Aussagen stießen auf allgemeine Kritik im Stadtrat.22

  1. Immobilienbranche sieht Bedarf an Hunderttausenden neuen Wohnungen, in spiegel.de 15.3.2022 []
  2. Hoben, Anna, Welche Auswirkungen der CSU-Kabinettsumbau auf München hat, in SZ 1.3.2022 []
  3. Krass, Sebastian, Mehr Freiheit beim Wohnungsbau, in SZ 13.5.2022 []
  4. Seipel, Christina, Wimmer-Haus wartet auf die Abrissbirne, in SZ 3.3.2022 []
  5. Kratzer, Hans, „Die Abreißerei muss ein Ende haben“, in SZ 8.3.2022 []
  6. Krass, Sebastian, Euro-Industriepark soll Wohngebiet werden, in SZ 10.3.2022 []
  7. Dinauer, Ramona, Krass, Sebastian, Ott, Klaus, Nur der Briefkasten glänzt, in SZ 10.3.2022 []
  8. Wolfram, Jürgen, Streit um Pläne für Kistlerhof, in SZ 11.3.2022 []
  9. Raff, Julian, Es kann nur schöner werden, in SZ 12.3.2022 []
  10. Raff, Julian, Streit um Parkplätze, in SZ 20.5.2022 []
  11. Gerdom, Ilona, Anbau für die  Heyse-Villa, in SZ 15.3.2022 []
  12. Kramer, Lea, Wäre doch schade um die Fassade, in SZ 19.3.2022 []
  13. Kramer, Lea, Ein Stück altes München, in SZ 28.3.2022 []
  14. Sorge um historischen Ortskern von Forstenried, in SZ 24.3.2022 []
  15. Schubert, Andreas, „Central Park“ statt Verkehrsschneise, in SZ 23.3.2022 []
  16. Gorkow, Alexander, Heidenreich, Ulrike, „Noch mal in Ruhe überdenken“, in SZ 26.3.2022; Hermanski. Susanne, Stroh, Kassian, Tausche, Nadja, Spitzname: Schneewittchensarg, in SZ 28.3.2022 []
  17. Hermanski. Susanne, Stroh, Kassian, Tausche, Nadja, Spitzname: Schneewittchensarg, in SZ 28.3.2022 []
  18. Hermanski. Susanne, Stroh, Kassian, Krass, Sebastian, Simon Rattle drängt auf Fortsetzung der Konzerthaus-Planungen, in SZ 30.3.2022 []
  19. Effern, Heiner, Orte „ohne Seele“, in SZ 28.3.2022 []
  20. Preuss, Roland, Der Platz wäre da, in SZ 30.3.2022 []
  21. Krass, Sebastian, „Wir zählen zu den sozialen Vermietern“, in SZ 30.3.2022 []
  22. Krass, Sebastian, Stadt verfehlt Wohnungsbauziele, in SZ 31.3.2022 []
Moloch München Eine Stadt wird verkauft

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