Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Architects for Future

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert am 22.7.2023

„Architects for Future fordert Bund, Länder und Kommunen, Planende und Auftraggebende auf, elementar umzudenken: Es ist nicht mehr das schicke Neubau-Investorenprojekt, sondern die smarte, flexible und wertschätzende Sanierung, die zum angestrebten, attraktiven Planungsprojekt wird.“1
Zu den Forderungen: hier

Sanierung statt Neubau. Andrea Heil setzt sich bei Architects for Future für mehr Klimaschutz beim Bauen ein. Heil: „Das Bauwesen verursacht 40 Prozent der deutschen CO2-Emissionen, 35 Prozent des Energieverbrauchs und 60 Prozent des Abfallaufkommens.“2 Deshalb empfiehlt Heil Sanierung statt Neubau. Denn in den Gebäuden steckt viel „Graue Energie“, das ist die Energie zur Errichtung, Instandhaltung und Entsorgung. Die Deponierung von Bauschutt kostet fast nichts. Recycling am Bau ist meist nur ein „extremes Downcycling“. Und ein heute günstiger Dämmstoff kann in zehn Jahren ein bei der Entsorgung teurer Sondermüll sein.3

Beitrag von Joachim Wille in der FR: „Sanieren statt abreißen“. Die Initiative „Architects for Future“ fordert eine generelle „Bauwende“: nämlich „Aufklärung über den Wert des Gebäudebestandes“ und „Nutzung der Klimapotenziale von Sanierung statt Neubau“. Architects für Future hat eine Bundestagspetition mit dem Titel: „Bauwende jetzt!“ durchgeführt, um einen ökologischen, klima- und sozial gerechteren Wandel der Baubranche zu erreichen. Bei einer Umfrage der „Architects“ wurden die Ansichten unter den Architektenkollegen eruiert, u. a. mit dem Ergebnis: „Die Gesamtsanierung ist aktuell oft nicht billiger als Abriss und Neubau, die Bauverantwortlichen haben Angst vor ‚Überraschungen‘ beim Eingriff in den Altbau, den Auftraggebenden mangele es am ökologischen Bewusstsein, und es bestehen zu hohe Hürden durch die Bauvorschriften.“ Deshalb schlagen die „Architects“ u. a. vor, das Bauen im Bestand finanziell zu fördern, die Beratung der Baubeteiligten zu verbessern und geplante Sanierungen im Hinblick auf die Klimaschutzziele vorzunehmen.4

„Je länger ein Gebäude steht, umso besser.“ Die Ampel-Koalition hat ein eigenes Bauministerium eingerichtet und will 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen lassen. Hierzu äußerte Michael Wicke von Architects for Future im Spiegel-Interview, es wäre besser, wenn es keine Offensive zum Bauen, sondern zur Sanierung, und z. B. durch die Nutzung des Bestandes. Diese Neubauten schaden dem Klima, weil nicht nur ihr Betrieb, sondern auch Baumaterialien und das Bauen selbst umweltschädlich sind. Hinzu kommen Aspekte wie Zersiedlung oder gar der Abriss, um Neubauten zu ermöglichen. „Es muss klar sei: Je länger ein Gebäude steht, desto besser.“ In Hamburg gäbe es ein Potenzial für 100.000 neue Wohnungen durch Aufstockung von Mehrfamilienhäusern und Supermärkten, dazu mögliche Sanierungen von Leerstand. Die kritische Debatte um Einfamilienhäuser entstand bei den Grünen in Zusammenhang mit einem grünen Berliner Bezirksamtsleiter, der auf den Bau von Mehrfamilienhäusern pochte. Das sei kein grundsätzliches Nein zu Neubauten oder zu Einfamilienhäusern gewesen: „Dabei sind das besondere Klimakiller, sozusagen die SUV unter den Gebäuden.“5

Ausgebaut. Architektin Elisabeth Broermann in einem Beitrag für das BBSR: „Das neue Bauen heißt: nicht mehr neu bauen. Die Zukunft des Bauens liegt im Bestand. Vorhandene Gebäude müssen ökologisch sinnvoll energetisch saniert und möglichst lange, flexibel genutzt werden, so dass nur noch in absoluten Ausnahmefällen überhaupt neu gebaut werden muss. Deutschland ist fertig gebaut. Städte und Dörfer müssen zunächst smart ausgebaut und nachverdichtet, statt weiter in die Breite gebaut werden. In der vorhandenen Bausubstanz stecken nicht nur wertvolle Rohstoffe und Bauteile, sondern auch erhebliche Mengen an bereits für den Bau aufgewendeter Energie und Emissionen.6

Städte als Wärmespeicher. Angesichts von immer mehr Hitzetoten in Europa und Deutschland hat spiegel.de einen Podcast „Klimabericht“ eingerichtet. Die Stadtplanerin Judith Nurmann ist bei „Architects for Future“ bodenpolitische Sprecherin und stand auf einem Hamburger Parkplatz: betoniert plus dunkelbraun gemauerte Häuser: „Nichts hier ist darauf ausgelegt, wirklich runterzukühlen. Alles, was wir hier sehen, speichert Hitze und Wärme.“ Für Nurmann sind „unsere Städte einfach nicht für eine zwei Grad heißere Welt gebaut“.7

Vgl.: Graue Energie, Verbietet das Bauen

  1. Broermann, Elisabeth, Der Bausektor ist der größte Klimakiller, in: Bauen von Morgen, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bonn 2021, S. 104 []
  2. Krass, Sebastian, „Das Beste ist, zu sanieren“, in SZ 22.4.2020. Vgl. hierzu auch dringend: Fuhrhop, Daniel, Verbietet das Bauen! Eine Streitschrift, München 2015; 2. Auflage 2020 []
  3. Krass, Sebastian, „Das Beste ist, zu sanieren“, in SZ 22.4.2020. Mehr zu Architects for future unter: https://muenchen2020.org/ []
  4. Wille, Joachim, Sanieren statt abreißen, in fr.de 12.02.2021 []
  5. „Einfamilienhäuser sind Klimakiller“, in Der Spiegel 49/4.12.2021 []
  6. Broermann, Elisabeth, Der Bausektor ist der größte Klimakiller, in: Bauen von Morgen, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bonn 2021 []
  7. Steffens, Regina, Was kühlt aufgeheizte Städte runter?, in spiegel.de 11.7.2023 []
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