Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Bauerstraße 9

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Geschichte eines Hauses. Das denkmalgeschützte Wohnhaus wurde 1928/29 von der jüdischen Kaufmannsfamilie Uhlfelder gebaut, denen das zweitgrößte Kaufhaus in München gehörte. Max Uhlfelder und sein Sohn wurden im KZ Dachau interniert, das Vermögen vom NS-Staat beschlagnahmt. 1939 emigrierte die Familie nach Indien. Das Haus Nr. 9 gehörte dann der Hessischen Hausstiftung. (Das klingt so harmlos: Wieso ist nie von den Nachkommen eine Restitutionsforderung erhoben worden – oder wurde diese wie so oft im Nachkriegsdeutschland abgeschmettert? WZ) Diese Stiftung verkaufte 2012 das Anwesen an ein kleines Immobilienunternehmen, das sofort Abgeschlossenheitsbescheinigungen beantragte. Später verkaufte es die Bauerstraße 9 an die Immobiliengesellschaft Carat Immo Project Gruppe.
Die Erhaltungssatzung „Hohenzollernplatz und Hohenzollernstraße“ war von 11.2.2014 bis 1.2.2019 in Kraft. Jetzt heißt das Erhaltungssatzungsgebiet „Agnesstraße“ und „wird im Norden durch die Elisabeth- bzw. die Bauerstraße, im Osten durch die Gentzstraße, im Süden durch die Georgenstraße und im Westen durch die Schleißheimer Straße begrenzt“.1

Ausbaupläne. Carat reichte umgehend Ausbaupläne für das Dach ein. Der BA Schwabing-West lehnte diese Pläne mit einer Wohnung mit 280 Quadratmetern ab und befürwortete zwei neue Wohnungen mit jeweils 75 Quadratmetern. Der BA stellte auch fest, dass von 15 Wohnungen im Bestand bereits vier leer standen. Der Geschäftsführer der Carat Gruppe äußerte, der Dachausbau würde sich nur auf 140 Quadratmeter Wohnraum beziehen. Die leeren Wohnungen wären durch den Auszug der Mieter leer und müssten renoviert werden. Die Ausbaupläne für das Dach wurden inzwischen zurückgezogen.2

Neues Erhaltungssatzungsgebiet „Hohenzollernstraße und Hohenzollernplatz. Der Planungsausschuss des Münchner Stadtrats wollte im Januar 2019 das Erhaltungssatzungsgebiet „Hohenzollernstraße und Hohenzollernplatz“ neu zuschneiden: Ein Gebiet sollte hinzukommen, 3300 Wohnungen dagegen aus dem Schutz herausfallen. Die Begründung: Hier seien schon viele Wohnungen modernisiert worden mit inzwischen hohen Mieten; damit sei ein „Austausch der Bevölkerung“ eingetreten. Die Stadträte entschieden dann, die neuen Gebiete aufzunehmen, aber die vom Herausfallen bedrohten alten noch für mindestens zwei Jahre zu schützen.3
Das neue Erhaltungssatzungsgebiet umfasst die Bereiche um den Elisabethplatz, den Kurfürstenplatz, das Gebiet zwischen Ainmiller- und Hohenzollernstraße, das Gebiet Jakob-Klar-, Bauer-, Teng- und Elisabethstraße und das Gebiet zwischen Friedrich-Loy-, Farnelli-, Herzog- und Hiltenspergerstraße.4

Weiterverkauf im Herbst 2018 Die Carat Immo Projekt gab am 21.8.2019 bekannt, dass die Bauerstraße 9 bereits im Herbst 2018 an einen private Investor weiterverkauft wurde.5

Neuer Bauantrag im September 2019. Im Januar 2019 hat die Gröner GbR die Bauerstraße gekauft. Der Investor Christoph Gröner (CG-Gruppe AG) ist ein erfolgreicher Investor aus Berlin. (Seine Beteiligung Consus Real Estate hat dort 900 Beschäftigte. Gröner ist ein langjähriger Unterstützer der CDU und hat der Partei Spenden allein seit 2020 Spenden über 800.000 Euro überwiesen.) Die Gröner GbR hat nun einen Bauantrag für die Bauerstraße 9 eingereicht. Im Speicher sollen Maisonette-Wohnungen eingebaut werden. Im Dachgeschoss befinden sich derzeit drei Wohnungen mit 99, 108 und 123 Quadratmeter – mit zufriedenen Mietern. Durch den Ausbau wäre ein Zuwachs pro Wohnung um bis zu 60 Quadratmeter möglich. Bewohner und der BA kritisierten dies als Vernichtung von familienfreundlichen Wohnungen zugunsten von Luxuswohnungen. Gröner versicherte, das Haus im Eigentum halten zu wollen und Mieterhöhungen mit den Mietern abzusprechen.6

August 2021: LBK lehnte ab – neuer Bauantrag. Die wiederholten Anträge zur Aufstockung und zum Dachausbau wurde von der LBK abgelehnt. Die Vergrößerung von drei Dachgeschosswohnungen zu Maisonette-Wohnungen wären genehmigt worden. Nun hat der Eigentümer Gröner GbR den Antrag gestellt, eine 123-Quadratmeter-Mansarde-Wohnung mit dem Dachgeschoß zu einer 300-Quadratmeter-Großwohnung auszubauen. Dies lehnte der BA 4 Schwabing-West ab und fragten beim Sozialreferat nach, warum drei Wohnungen in der Bauerstraße 9 seit Jahren leer stehen.7

  1. https://risi.muenchen.de/risi/dokument/v/6353800 []
  2. Draxel, Ellen, Bangen um ein besonderes Haus, in SZ 3.9.2018 []
  3. Draxel, Ellen, Hoben, Anna, Schleichende Verdrängung, in SZ 17.1.2019 []
  4. Draxel, Ellen, Krass, Sebastian, Handfester Mieterschutz, in SZ 3.12.2020 []
  5. https://carat-wob.de/15-februar-2019-carat-immo-project-uebergibt-denkmal-juwel-an-privat-investor []
  6. Draxel, Ellen, Unbehagen in einem besonderen Haus, in SZ 3.9.2019 []
  7. Draxel, Ellen, Schlupfloch zur Luxuswohnung, in SZ 11.8.2021 []
Objekt-Nr. 14380

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