Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Remberg Bauträger GmbH & Co. KG

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Schellingstraße 123: Kiefer & Remberg (heute: Remberg Bauträger GmbH & Co. KG) wollte 2017 das Haus sanieren. Die Mieter wehrten sich; einigen wurde fristlos gekündigt. Nach einem BGH-Urteil dürfen Vermieter dies, wenn die Mieter Modernisierungsarbeiten unberechtigt nicht gestatten. [1]

Baustelle Künstlerhaus Thalkirchner Straße. Im Jahr 2004 wurde das so genannte Künstlerhaus in der Thalkirchnerstraße 80 mit dem Münchner Fassadenpreis ausgezeichnet. Nun ist die Fassade im wahrsten Sinn des Wortes ab. Seit 2016 ist das Haus zweimal verkauft worden. Zum Jahreswechsel 2016/2017 wurde das „Künstlerhaus“ in der Thalkirchner Straße 80 zum ersten Mal verkauft: Der Erstkäufer hat umgehend den Künstlern und Fotografen gekündigt. Dann erhöhte der Eigentümer erst die Mieten um bis zu 120 Prozent und kündigte danach eine Modernisierung an. [2]
2017 kaufte die Firma Kiefer und Remberg das Haus für angeblich 19,5 Millionen Euro und wollte es unter dem Namen „Palais Thalkirchen“ vermarkten. 2018 begannen die „Modernisierungsarbeiten“: Aufreißen des Hinterhofs, Schutthaufen als Hindernis für den Zugang zum Rückgebäude, Herausreißen der Holzfußböden und Türstöcke im Vorderhaus. Die Mieter informierten das Denkmalamt. Ende 2017 wurden die Umbauten eingestellt, Mitte 2018 fortgesetzt. Nunmehr sind die Bauarbeiten seit Herbst 2018 wieder eingestellt. [2] Im Februar 2018 wurde das Künstlerhaus über das Portal Immobilienscout24 angeboten: Der Preis liegt nunmehr bei mindestens 23,8 Millionen Euro. Geworben wurde mit dem Argument von 16 leeren Wohnungen: Sie können „sofort renoviert und bei Wunsch auch einzeln verkauft werden“. [3]
Der Mieter Tilman Schaich hat zur Selbsthilfe den „Münchner Mieter*innenstammtisch“ gegründet. [4]
17 Wohnungen stehen jetzt leer, 16 von ihnen seit 2017. Im Vordergebäude wohnt ein einziger Mieter, im Erdgeschoss ist noch ein Kindergarten. Im Rückgebäude waren es einmal 15 Mietparteien; knapp die Hälfte wohnt noch dort. Die Heizung wurde auf Minimalbetrieb gestellt, Schutt im ganzen Vorderhaus, zerstörte Elektrik und Dämmung.
Aktion von „Ausspekuliert“: „Wie kann man Leerstand legal über Jahre hinweg rechtfertigen? Kommen Sie zur fabelhaften Informationsveranstaltung über den Leerstand auf dem Anwesen des Palais Südfriedhof und lernen Sie. Die Bewohner der TH80 zeigen Ihnen, wie Sie ganz einfach für Mieter untragbare Zustände schaffen können. – Wann: 24. Oktober 2020. Uhrzeit: 14-18 Uhr
Wo: Palais Südfriedhof, Thalkirchner Straße 80, 80337 München“ –
„Nachdem die sanitären Einrichtungen aus den Wohnungen entfernt wurden und die meisten in Baustellenzustand versetzt wurden, steht die Baustelle seit mehr als zwei Jahren still. Ein sehr einfaches Mittel, um nicht wegen Zweckentfremdung belangt werden zu können.“ [5][6]

Nachfrage im BA 2 Ludwigsvorstadt – Isarvorstadt. Dagmar Modrow und Christian Modrow (Die Linke) veranlassten den BA, bei der Stadt nachzufragen, ob ein Zweckentfremdungsverfahren im Fall Thalkirchner Straße 80 eingeleitet wurde. Der BA will auch die Wertsteigerung des Bodens wissen. Nach wie vor: nur sporadische Arbeiten, teilweise Absperrung des Wassers und Stroms, aufgebrochene Dachspeicher, keine Ankündigung bzw. Absicherung von Bauarbeiten. [7]

Remberg in Insolvenz. Im September 2021 erhielt Tilman Schaich, Mitbegründer von „Ausspekuliert“, einen Anruf und erfuhr von der Insolvenz von Remberg Bauträger GmbH & Co. KG. Insolvenzverwalter wurde Axel Bierbach von der Münchner Sozietät Müller-Heydenreich. Die Fa. Remberg soll zahlungsunfähig und überschuldet und nicht mehr in der Lage sein, die Sanierungsarbeiten durchzuführen. Die Insolvenzmasse umfasst noch ein nicht vermietetes Wohnhaus in der Hofmannstraße in Obersendling. Die Thalkirchner Straße 80 wurde seit 2016 zweimal erkauft. Im Sommer 2017 erwarb ein Vorgänger von Remberg Bauträger GmbH & Co. KG das Anwesen. Remberg soll die Thalkirchner Straße 80 mit drei Gebäuden und 24 Wohnungen mit Gewerbeflächen für 19,5 Millionen Euro gekauft haben. Das Anwesen soll im Frühjahr 2022 verkauft werden: Nach der Vorgeschichte würde ein Investor genau beobachtet werden. 17 Wohnungen stehen seit längerer Zeit leer: Die Mieter der immer noch bewohnten Wohnungen hatten durchgehalten. Sie schlugen nun vor, im „Palais Südfriedhof“ ein Projekt für gemeinschaftliches Wohnen und Handwerk und einer Kita zu etablieren. Der BA Ludwigsvorstadt – Isarvorstadt hat dafür einen Antrag bei der Stadt eingereicht. Nach der Insolvenz überlegte die Stadt erneut einen Ankauf. Die grün-rote Koalition stellte Ende Oktober 2022 im Stadtrat einen Antrag „Bezahlbares Wohnen in der Thalkirchner Straße 80“. [8]

Fußnoten und Quellen

  1. Mühleisen, Stefan, Maxvorstadt: Angst um das Zuhause, in sueddeutsche.de 12.5.2017
  2. Hoben, Anna, So viel Platz, so lange leer, in SZ 26.10.2020
  3. Hoben, Anna, Wenn die Miete um 273 Prozent steigen soll, in SZ 6.2.2018
  4. Wohnen auf der Baustelle: Mieter kämpfen gegen Eigentümer, in br.de 16.7.2020
  5. https://www.ausspekuliert.de/notes/3-jahre-leer-wir-haben-platz
  6. https://ausspekuliert.de/notes/4-jahre-leer
  7. Lotze, Birgit, „Aktive Entmietung“, in SZ 17.12.2020
  8. Krass, Sebastian, Rettende Pleite, in SZ 11.1.2022
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