Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Botanikum

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Titelbild: © Wolfgang Zängl / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 8.9.2023

Das Botanikum liegt in Moosach an der Feldmochinger Straße 75 – 79.

Zur Historie. 1935 hatte der Großvater von Heinrich Bunzel eine Gärtnerei auf 20.000 Quadratmetern gegründet für Blumen und Gemüse. 1985 hat sein Enkel das Botanikum eröffnet: mit Künstlerateliers, einem Theaterplatz und Sommerfesten. Dazu kam das Geschäftsmodell Pflanzenverkauf und –verleih und Pflanzenüberwinterung. Bunzel war auch im Bereich Artfield tätig: Er pflanzte und säte große, aus der Luft erkennbare Botschaften und Bilder. Irgendwann wurde das Geschäft mit Blumen und Gemüse durch internationalen Preisdruck zu schwierig. So wurden die Glashäuser ab 1985 als Ateliers für 40 Künstler vermietet. Und alle zwei Jahre gab es ein Sommerfest.1

Ateliers in Gefahr. Östlich und westlich der Feldmochinger Straße zwischen Thorner, Thurgauer und Feldmochinger Straße in Moosach sollen auf zwei jetzt als Acker genutzten Flächen bis zu 600 Wohnungen entstehen. Das Botanikum an der Feldmochinger Straße 75 – 79 mit seinen als Ateliers genutzten Gewächshäusern ist ebenfalls im Umgriff des Planungsgebiets. Der bisherige Theatersaal soll irgendwie erhalten bleiben, kollidiert jedoch mit der Wohnraumnutzung. Seine ungeklärte Weiternutzung, so das Planungsreferat, darf aber nicht die „dringliche Wohnraumbeschaffung in München“ verzögern.2
Stand Mai 2022: Die Stadt plant derzeit rund 550 Wohnungen, Kitas, eine Grundschule und soziale Infrastruktur. Auf dem Areal des benachbarten Botanikums sind Ateliers und Veranstaltungsräume geplant.3

Neubaugebiet Botanikum. Auf einem Areal von 4000 Quadratmetern soll ein überregionales Jugendzentrum entstehen. Das Sozialreferat plant u. a. Übungs-, Veranstaltungs- und Gruppenräume und eine Gastronomie. Das Planungsgebiet in Moosach hat 9,1 Hektar, wovon 6,8 Hektar im Besitz der Stadt sind.4 Ungeklärt ist, ob bestehende Gebäude genutzt werden können. Beidseits der Feldmochinger Straße (auf bisherigen Feldern) sollen bis zu 680 Wohnungen für etwa 1450 Bewohner geplant werden, dazu eine vierzügige Grundschule, Kitas, Arbeitsplätze und Freizeiteinrichtungen.5

Botanikum wird zur Ausgleichsfläche. Die etwa 30 Künstler und Handwerker müssen demnächst ausziehen: Der private Investor MünchenBau errichtet in der Nachbarschaft zwischen 550 und 600 Wohnungen, und das Botanikum-Areal wird als Ausgleichsfläche zur Wiese umfunktioniert. Der BA 10 Moosach unterstützt den Wunsch der Künstler, bis zum Baubeginn bleiben zu können, einige Ateliers zu erhalten und bezahlbare Werkstätten im Münchner Norden zu schaffen. Das Areal gehört zum größeren Teil einer privaten GmbH und zum kleineren Teil dem Enkel des Gründers der Gärtnerei, Heinrich Bunzel, der auch das Botanikum ins Leben gerufen hat.6

Abschiedsvorstellung. Ein Flyer von Botanikum-Künstlern verkündet die Offenen Ateliertage von 29 Ateliers vom 24.6. bis 26.6.2022: Es werden die „vermutlich die letzten sein vor dem geplanten Abriss unserer Gewächshausateliers.“ Es findet ein Performanceprogramm mit insgesamt 18 Künstler*innen und Musiker*innen statt.

Künstler ohne Ateliers. Seit 30 Jahren bestehen die Ateliers für etwa 30 Künstler im Botanikum: aber nur noch bis zur vorgesehenen Bebauung mit 550 Wohnungen und diverser sozialer Infrastruktur. Das Gelände des heutigen Botanikums ist als Ausgleichsfläche vorgesehen. Die Künstler kämpfen derzeit noch um die Ateliers und haben auf der Moosacher Bürgerversammlung den Antrag gestellt, die Ateliers zumindest temporär bis zum Abriss zu erhalten, der auch mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde. Laut Planungsreferat ist auf der geplanten Grünanlage des ehemaligen Botanikums keine Ateliernutzung mehr möglich.7

Ende des Botanikums. Über 120 Besucher kamen zur Veranstaltung der SPD-Stadträtinnen Julia Schönfeld-Knor und Kathrin Abele im (fast schon ehemaligen) Theatersaal des Botanikums. Rund 600 Wohnungen, eine Grundschule und ein Jugendzentrum sollen an der Feldmochinger Straße gebaut werden. Die Anwohner und die Nutzer der Ateliers bemängelten eine mangelhafte Information durch die Stadt. Schönfeld-Knor verwies auf den privaten Investor, der inzwischen anscheinend nicht mehr die MünchenBau, sondern Terrafinanz ist. Die Ateliernutzer könnten bis 31.7.2024 bleiben, 2025 diskutiert der Stadtrat über das Projekt, 2027 soll der erste Bauabschnitt fertig sein.8

Rettet das „Botanikum“! Dr.  Joseph Jordan setzt sich für das Botanikum ein:
– Sanieren statt Planieren in der Karlingersiedlung; Für mehr Ökologie und mehr Mieterschutz; – Erhalt der Kultureinrichtung „Botanikum“ statt Abriss des „Botanikums“ für neue Hochhäuser – Motto HochhausSTOP in Moosach; – für die grüne Oase „Eggarten“.  Wo: Gerastraße 6 – Schulzentrum München Moosach; Wann: Mittwoch 5.07.2023; 17:00 bis 21:00 Uhr

Botanikum wird zur „Ausgleichsfläche“. Aus der Beschreibung der LH München: „Westlich der Feldmochinger Straße, wo bisher überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen waren, soll im Süden ein attraktives Stadtquartier mit Geschosswohnungsbau einschließlich der notwendigen sozialen Infrastruktur sowie qualitätsvolle Grün- und Freiflächen entstehen. Nördlich davon wird das „Botanikum“ – bestehend aus Künstlerateliers und Veranstaltungsflächen zum Mieten – überplant. Hier wird die zugehörige öffentliche Grünfläche sowie ein Teil der notwendigen naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen und Maßnahmenflächen für den Artenschutz entstehen sowie ein überregionales jugendkulturelles Zentrum. Östlich der Feldmochinger Straße soll ein weiteres Stadtquartier mit Geschosswohnungsbau mit qualitätsvollen Grün- und Freiflächen entstehen. Weiter östlich daran angrenzend wird eine Grundschule mit Freisportflächen realisiert werden. Die Ausloberinnen des Wettbewerbs und Eigentümerinnen MünchenBau Holding GmbH und die Terrafinanz Projekt 2 GmbH möchten die heutigen Landwirtschaftsflächen einer baulichen Entwicklung zuführen und auf dem 2,6 Hektar großen Wettbewerbsgebiet ein attraktives Stadtquartier entstehen lassen.“9

LBV klagt wegen zu Botanikum. Der LBV hat die Stadt München verklagt: Die Stadt will das Areal in Moosach bebauen lassen, und der LBV will dazu als Umweltverband gehört werden. Das Planungsreferat gibt jedoch keine Unterlagen zu Baumbestand, Vorkommen geschützter Tier- und Pflanzenarten und Untersuchungen zum Stadtklima heraus. Der LBV kann deshalb keine Vorschläge zum Schutz von z. B. Zauneidechse und Wechselkröte machen.10

  1. Buchwald, Sabine, Künstlerisches Biotop, in SZ 9.7.2015 []
  2. Naujokat, Anita, Fürs Botanikum wird es eng, in SZ 6.10.2020 []
  3. Naujokat, Anita, Harte Schale, weicher Kern, in SZ 19.5.2022 []
  4. Bebauungsplan Nr. 1740 Botanikum []
  5. Naujokat, Anita, Ein zweites Feierwerk, in SZ 7.1.2021 []
  6. Stolz, Benjamin, Künstler müssen einer Wiese weichen, in SZ 25.5.2022 []
  7. Strobach, Benedikt, Botanikum vor dem Abriss: Münchner Künstler kämpfen für Verlängerung, in tz.de 30.11.2022 []
  8. Meschede, Laura, Wohnungsbau schlägt Kunst: Die Zukunft des Münchner Botanikums, in abendzeitung-muenchen.de 16.6.2023 []
  9. https://stadt.muenchen.de/infos/botanikum.html, abgerufen 24,7.2023 []
  10. Umweltverband verklagt die Stadt, in SZ 17.8.2023 []
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