Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Imfarr

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 18.3.2023

Investor Imfarr. Geschäftsführer der Imfarr Beteiligungs GmbH ist der ehemalige österreichische Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ), ein Vertrauter des früheren Kanzlers Werner Faymann (SPÖ). Ein Imfarr-Gesellschafter ist Matthias Euler-Rolle, bis 2016 Regierungssprecher von Faymann. Letzterer betreibt mit Euler-Rolle die „4 Pro“ Projektmanagementgesellschaft, die laut österreichischer Nachrichtenplattform News.at 6,07 Prozent an Imfarr hält.1 Imfarr-Mitgründer ist der ehemalige investmentbanker Nemat Farrokhnia, dessen Vater Nematollah Farrokhnia beim Baukonzern Strabag war.

Highlight Towers (GDV > EUR 900 Mio.). Seit ihrer Fertigstellung im Jahr 2004 sind die weithin sichtbaren Highlight Towers zum Wahrzeichen des modernen Münchens avanciert. Das Ensemble umfasst neben den beiden 126 und 113 Meter hohen Bürotürmen zwei Plaza Gebäude, welche neben weiteren Büros auch ein siebenstöckiges Hotel enthalten. Durch erhebliche Wertsteigerungspotenziale und den stabilen Cashflow unterschiedlicher Blue Chip Tech-Unternehmen als Ankermieter, ergibt sich aus den Highlight Towers ein attraktives zukunftssicheres Investment.
Stachus (GDV > EUR 280 Mio.) In Kooperation mit der Landeshauptstadt München soll im Zentrum Münchens ein moderner Büroneubau mit der größten voll-automatischen öffentlichen Parkgarage Deutschlands (rund 550 Stellplätze) entstehen. Geplant ist eine Verlegung der Stellplätze in die Untergeschoße, um dadurch die Errichtung eines hochwertigen 12.500 m² großen Büro-/ Geschäftsgebäudes zu ermöglichen.

100 EAST (GDV > EUR 1300 Mio.) Bei diesem außergewöhnlichen Stadtentwicklungsprojekt in der Nähe der Münchner Messe liegt der Schwerpunkt auf nachhaltigen Gewerbeimmobilien zeitgerechter Bauart. Die Projektentwicklung umfasst ca. 8 ha Fläche für die Entwicklung von ca. 190.000 m² Bruttogeschossfläche. In Kooperation mit der Kommune München soll ein umfassendes, nachhaltiges Stadtleitbild entwickelt werden, welches den Osten Münchens deutlich aufwerten wird.
Ein Hochhaus kommt selten allein. Sebastian Krass hat in der neuen SZ-Serie „Wie die Stadt wächst“ einige Hochhausstandorte beschrieben. Das Areal an der Ecke Zamdorfer und Klausenburger Straße an der A 94 hatte das Immobilienunternehmen CV Real Estate AG 2017 für 50 Millionen Euro gekauft und danach auf seiner Homepage das Projekt One Hundred East vorgestellt: zwei Bürotürme mit etwa 85 Meter Höhe. Ende 2020 verkaufte CV Real Estate mit seinem Partner KanAm Grund das Areal für eine knappe dreistellige Millionensumme an den österreichischen Investor Imfarr. Die bislang nur als Entwurf vorliegende Hochhausstudie der Stadt verschaffte dem Areal ein „signifikant höheres Baurecht“, wie ein CV-Vorstand äußerte. Die neuen Eigentümer kauften noch ein Nachbargrundstock, sodass sie über ca. 8 Hektar Fläche verfügen. Imfarr plant bei seinem Projekt East ebenfalls Hochhäuser, allerdings vermutlich höher. Auf www.imfarr.com wurden am 12.6.2022 „ca. 190.000 qm Bruttogeschossfläche“ genannt. (Imfarr scheint sich förmlich in die Münchner Hochhaus- und Immobilienszene einzukaufen: 2021 wurden die Highlight-Towers an der A 9 für etwa 650 Millionen Euro gekauft, dazu das Omega Portfolio der HVB und Stadtentwicklungsgebiete im Münchner Süden.2 Weitere Projekte von Imfarr: Elementum (größtes Neubauprojekt der Münchner Innenstadt gegenüber dem Hauptbahnhof), Büro- und Geschäftsneubau am Stachus (durch Abriss des Parkhauses).
In der Hochhausstudie der Stadt (Extrakt folgt demnächst hier im Lexikon) sind fünf Zonen aufgeführt, in denen „Stadtzeichen“ mit mehr als 80 Meter denkbar sind. Die Zamdorfer Straße gehört dazu, ein Bereich am Frankfurter Ring und der A 9, drei kleinere Bereiche am Arabellapark, am Georg-Brauchle-Ring und an der Donnersbergerbrücke, Friedenheimer Brücke und Heimeraner Platz.3

Elementum (GDV > EUR 1,3 Mio.) „ELEMENTUM ist das größte Neubau-Büroprojekt in der Münchner Innenstadt. Vis à vis vom Hauptbahnhof werden zwei Drittel der bestehenden Bausubstanz abgerissen, um ein modernes, auf dem neuesten Stand der Technik befindliches Bürohaus zu errichten, das maximale Qualität & Effizienz mit Nachhaltigkeit und höchster Arbeitsplatzqualität verbindet. 300 Tiefgaragenstellplätze, Ladestationen für E-Mobility, Sharing Points und 950 Fahrradabstellplätze ermöglichen Mobilität auf Zukunftsniveau. Kein anderes modernes Bürohaus bietet vergleichbar große zusammenhängende Flächen im Zentrum Münchens.4
April 2020: „Elementum“ im Bahnhofsviertel. Eine Fondsgesellschaft der Schweizer Bank Credit-Suisse hat 2017 für rund 300 Millionen Euro das Karree zwischen Bayer-, Paul-Heyse-, Schwanthaler- und Mittererstraße gekauft. Dort befand sich früher die Postbank. Das Architekturbüro Herzog & de Meuron wird den Immobilienkomplex mit über 60.000 Quadratmeter Bürofläche planen (www.elementum-munich.com). Die Kosten betragen mit Kaufpreis mehr als eine halbe Milliarde Euro. Die Fertigstellung ist für 2024/25 geplant. Der Quadratmeter soll bei über 40 Euro liegen. Mietinteressenten waren zunächst das Deutsche Patentamt und We Work (beide ausgestiegen), Apple (wird in den Neubau auf dem ehemaligen Mahag-Gelände ziehen). Das Planungsreferat wollte auch neben den vielen Büros Wohnungen untergebracht sehen: Das sei jedoch in dieser Lage wegen dreckiger Luft und fehlender Infrastruktur nicht möglich.5
Nachtrag Januar 2022: Zwei Drittel der Rohbausubstanz sollen übernommen werden. Der Bauherr, die Bayerstraße Munich Real Estate S.à.r.l. mit Sitz in 2180 Luxembourg plant im Kern des Karrees einen Lichthof mit 80 mal 30 Metern.6

Bauen im Grundwasser. Der Investor Imfarr hat mit einem Partner 2021 die Highlight-Towers (Parkstadt Schwabing) und den vormaligen Postblock (Bayer- und Schwanthalerstraße) gekauft, dazu im Herbst 2020 ein Parkhaus an der Adolf-Kolping-Straße. Das Areal gehört der Stadt, die es noch für 50 Jahre im Erbbaurecht vergeben hat. Hier soll bis 2025 ein fünfgeschossiges Parkhaus entstehen, wo die Stellplätze für das 2026 in Betrieb gehende darüber liegende Gebäude mit E + 4 (von Ochs Schmidhuber Architekten geplant) untergebracht werden. Der frühere österreichische Bundeskanzler Werner Faymann war extra deswegen zu einem Besuch bei OB Dieter Reiter angereist. Angesichts der Probleme bei der Schillerstraße 3 und 5 wegen dem Grundwasserstau (vgl. Januar 2022) wird dieser tiefe Bau vom Wasserwirtschaftsamt genau geprüft.7
Nachtrag Juni 2022: Im Februar 2022 hat Credit Suisse das ehemalige Postbankgebäude am Hauptbahnhof an die beiden Familienunternehmen Imfarr und SN Holding verkauft. Imfarr und SN Holding erklärten in einer Pressemitteilung, über eine Milliarde Euro in Elementum investieren zu wollen. Derzeit besteht dort angeblich ein vom Vorbesitzer veranlasster Baustopp. Aktuell suche man nach potenziellen Mietern. Auf 60.000 qm gibt es Büroraum, Gastronomie und Einzelhandel. Bis 2025 soll Elementum fertiggestellt sein.1

Imfarr besucht die Münchner Expo Real 2022. Werner Faymann (SPD, Ex-Bumdeskanzler), Josef Ostermayer (Faymanns Kanzleramtsminister, seit Mitte 2021 Geschäftsführer von Imfarr) und Matthias Euler-Rolle (Mitgesellschafter) sprachen beim Besuch der Expo Real 2022 im Oktober mit Sebastian Krass von der SZ. Erwähnt werden diverse Imfarr-Projekte, u. a.: Kaufhof am Stachus (Mitinteressent: Signa, Eigentümer Familie Zechbauer, Kaufpreis über 300 Millionen Euro). Ein neuer Gewerbebau statt einem Parkhaus  an der Adolf-Kolping-Straße am Stachus. Das Project „Muc East“, ein Technologie-Campus Klausenburger Straße/Zamilastraße in Zamdorf/Baumkirchen mit etwa acht Hektar Grund und geplanten 200.000 qm GFZ; das geplante Hochhaus mit über 100 Meter wurde wegen der Hochhaus-Diskussion in München inzwischen gestrichen. Da die Highlight-Towers in der Parkstadt Schwabing 2021 über 700 Millionen Euro kosteten und sich die Frage nach den Geldgebern stellte, antwortete Mitgesellschafter Euler-Rolle: „Die Imfarr Gruppe ist ein solides österreichisches Familienunternnehmen.“  Übrigens gibt es auch bei Signa eine (kleine) SPÖ-Fraktion: Alfred Gusenbauer (Ex-Bundeskanzler) und Robert Leingruber (Ex-Kabinettschef von Gusenbauer).8 – Und der ehemalige Strabag-Chef und österreichische Milliardär Hans-Peter Haselsteiner hat seinen Signa-Anteil 2021 auf 15 Prozent erhöht.9

Imfarr in Nürnberg. Dort gehört Imfarr das Einkaufszentrum City Point, das seit Jahren leer steht.10

Geplatzt: Übernahme Kaufhof am Stachus. Die Baulichkeit mit etwa 20.000 qm gehört der Münchner Unternehmerfamilie Zechbauer. 2022 wollte diese den früheren Kaufhof für einige 100 Millionen Euro an Imfarr verkaufen: Der Verkauf klappte nicht. Fassade und Stahlskelett-Konstruktion des Gebäudes stehen unter Denkmalschutz.11

  1. Hoffmann, Nadja, Baustopp bei Elementum – Ex-Kanzler aus Österreich steigt in Milliarden-Projekt am Bahnhof ein, in tz.de 3.6.022 [] []
  2. Wiener Imfarr kauft Münchner Wahrzeichen „Highlight Towers“, in diepresse.com 18.5.2021 []
  3. Krass, Sebastian, Luft nach oben?, in SZ 7.6.2022 []
  4. https://www.imfarr.com/, abgerufen 14.6.2022 []
  5. Krass, Sebastian, Wohnen? Geht nicht, in SZ 22.4.2020 []
  6. Eine Architekturikone von Herzog & de Meuron, in SZ WEB Immobilien Januar 2022 []
  7. Krass, Sebastian, Risiko Grundwasser, in SZ 11.2.2022 []
  8. Krass, Sebastian, Die Blitz-Invasion der Wiener Invasoren, in SZ 18.11.2022 []
  9. Umstrukturierung in Benkos Imperium, in Der Spiegel 46/12.11.2022 []
  10. Kläsgen, Michael, Schwarze Löcher in der City, in SZ 25.2.2023 []
  11. Hermanski, Susanne, Krass, Sebastian, „Lovecraft“ statt Kaufhof am Stachus, in SZ 7.3.2023 []
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