Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Lerchenauer Feld

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisierung 14.6.2022

„Auf einer bisher unbebauten Fläche an der Lerchenauer Straße im Münchner Stadtbezirk Feldmoching – Hasenbergl, dem Lerchenauer Feld, wollen die Landeshauptstadt München und das Unternehmen Wohn Park Lerchenauer Feld GmbH & Co. KG Bauland schaffen und ein Wohnquartier mit Schul- und Sportflächen entwickeln.“1

Das Lerchenauer Feld liegt im Stadtteil Feldmoching, ist ungefähr 23 Hektar groß und wird im Westen von der Lerchenauer Straße, im Osten von der Lerchenstraße, im Norden von der Ponkratzstraße und im Süden vom Gelände der Spielvereinigung Feldmoching begrenzt.1 Knapp die Hälfte des Geländes ist im Besitz der Stadt München. Die weiteren Flächen hat die Wohn Park Lerchenauer Feld erworben, ein Joint Venture der beiden Unternehmen Bayerische Hausbau und CONCEPT BAU.

Januar 2018: Acker zu Wohnungen. An der Lerchenauer Straße im Südwesten, der Ponkratzstraße im Norden und der Lerchenstraße im Südosten sollen auf 23,8 Hektar 1600 Wohnungen für etwa 3700 Bewohner sowie eine Schule entstehen. Auf der Südseite sind zwei Fußballplätze, auf der Nordseite soll der Schulcampus mit Turnhallen und Sportplätzen auf 7,5 Hektar gebaut werden. Bauträger ist die Wohn Park Lerchenauer Feld GmbH & Co. KG, deren Eigentümer sind die Bayerische Hausbau der Schörghuber-Gruppe und die Concept Bau: Beide haben in fünf Jahren 53 Prozent der Ackerfläche peu à peu von 58 Eigentümern gekauft; 47 Prozent gehören der LH München. Nach dem SoBoN-Modell müssen auf öffentlichem Grund 50 Prozent geförderter Wohnraum entstehen, auf privatem Grund 30 Prozent und zehn Prozent preisgedämpft. (2021 gelten folgende Prozentzahlen: „Auf privaten Flächen entstehen vom neu geschaffenen Wohnbaurecht 60 Prozent im geförderten und preisgebundenen Segment, 20 Prozent freifinanzierter Mietwohnungsbau und nur noch 20 Prozent freifinanzierte Eigentumswohnungen.“23

Widersprüche auf dem Feld. Der nächste Fall von Partizipations-Spektakel: Jede Menge gelbe Post-it markieren (vermutlich weitgehend folgenlos) den öffentlichen Dialog in der Feldmochinger Fagana-Halle mit 200 Anliegern über die Bebauung des Lerchenauer Feldes. Anwesend: Vertreter der Stadt, der Investoren Wohnpark Lerchenauer Feld GmbH & Co. KG (Bayerische Hausbau der Schörghuber-Gruppe und die Concept Bau, siehe oben), das Münchner Büro Dragomir Stadtplanung GmbH. Es war ein weiterer Schritt zur Vertreibung der Bauern aus München – und ein aus Klimaschutzgründen problematischer: Fast 24 Hektar unbebaute landwirtschaftliche Flächen sollen mit 1600 Wohnungen überbaut, plus ein Schul- und Sportcampus, Kitas, Geschäfte etc. Besonders problematisch: die Verkehrssituation. 70 oder 80 Prozent des zusätzlichen Autoverkehrs sollen über die Lerchenauerstraße, 20 bis 30 Prozent über die Lerchenstraße geleitet werden, hinzu kommt der Verkehr vom Landkreis Dachau zum BMW-Stammwerk und seinen Ablegern. Gleichzeitig werden um die Ecke an Ratold- und Raheinstraße weitere 900 Wohnungen gebaut. Kritisiert wurden an jenem Abend u. a. auch die Zerstörung des gewachsenen Charakters von Feldmoching und dessen Zubetonierung beim gleichzeitigen Aufruf zur Rettung der Bienen. Und die Frage wurde gestellt, warum München immer weiter Zuzug anzieht, statt dass strukturschwache Gebiete in Deutschland endlich berücksichtigt werden.4

Juni 2019: Geheimes Lerchenauer Feld. „Bürgerdialog“ im Hochsicherheitstrakt Turnhalle Feldmoching: Ausweiskontrolle, Eintragung in Listen, Verbot von Fotos und Filmen, Schweigegebot. Der Anlass: Präsentation der fünf besten Arbeiten im architektonischen Wettbewerb zur Bebauung des Lerchenauer Feldes. Es fehlten: Stadtbaurätin Elisabeth Merk und die Investoren Bayerische Hausbau und Concept Bau vom Wohn Park Lerchenauer Feld GmbH5 sowie die Stadträte im Preisgericht. Gebaut werden sollen: über 1600 Wohnungen, ein Schulcampus mit Grundschule, Gymnasium und Sporthallen, ein Hallenbad, fünf Kitas und weitere soziale Infrastruktur. Der erste Bürger-Workshop im Februar 2019 lieferte schon ein Post-it-Schlachtfeld ohne erkennbare Ergebnisse. Wieder sollen die Besucher Kärtchen ausfüllen zu den drei Themen Verkehr, Städtebau, Grün- und Freiräume. BA-Mitglied Christine Lissner (Grüne) kritisierte das mangelnde Angebot an Informationen, ebenso wie die Ignorierung früherer Forderungen des BA wie zum Beispiel maximal drei Stockwerke.6

Architekt Albers aus Zürich gewinnt Wettbewerb. Am 11.11.2019 wurden die drei Siegerentwürfe für das Lerchenauer Feld mit 1600 Wohnungen in der Feldmochinger Sporthalle ausgestellt. Das Büro Amman Albers StadtWerke aus Zürich (mit BEM München) hat den ersten Preis erhalten. Die Mitglieder des Preisgerichts, Franz Pesch (Vorsitzender), die Stadträte Paul Bickelbacher (Grüne), Heide Rieke (SPD) und BA-Vorsitzender Markus Auerbach (SPD) lobten den Entwurf, der außerdem die höchste Zahl an Wohnungen vorsieht.7

Der Wettbewerb. Das Architekturbüro Amman Albers StadtWerke aus Zürich und BEM München hat den Wettbewerb gewonnen. Am 11.11.2019 kamen 200 Besucher in die Feldmochinger Sporthalle, um die Siegerentwürfe anzusehen. Die Pinnwand für Kritik füllte sich schnell, die für Lob sehr langsam. Fast 24 Hektar bisherige Grünflächen in Feldmoching werden überbaut. Der Vorsitzende der Jury, Franz Pesch, äußerte zum Siegerentwurf: „Der Entwurf verneigt sich vor den Nachbarn.“ Hingegen sagte Architekt Martin Albers: „Bei der Dichte von Wohnungen können wir keine dörfliche Stimmung erzeugen.“7

Präsentation im Livestream. Am 20.4.2021 führten Planungsreferat und BA Feldmoching-Hasenbergl einen Infoabend im Livestream durch. Auf knapp 24 Hektar sind aktuell immer noch 1600 Wohnungen geplant, dazu ein Schulcampus und Kitas sowie ein Pflegeheim.8

Nächste Großsiedlung in Feldmoching-Hasenbergl. Ums Eck vom Lerchenauer Feld soll eine Siedlung mit 900 Wohnungen und rund 90.500 qm Geschossfläche für etwa 2000 Bewohner entstehen. Bauherr und Eigentümer ist CA Immo. Das etwa 11,6 Hektar große Areal liegt südlich vom S-Bahnhof Feldmoching zwischen der Bahnstrecke und der Lerchenstraße im Süden, der Ratoldstraße im Osten und der Raheinstraße im Norden. Mitglieder des BA 24 kritisierten bei der Sitzung im April 2021 auch hier drohende Verkehrsprobleme und nicht abgelieferte Gutachten der Stadt sowie fehlende Treffpunkte für die Bevölkerung. Stadtrat und BA-Mitglied Dirk Höpner (München-Liste) verwies auf die gestiegene Zahl von Wohnungen im Lauf des Planungsprozesses, den Wegfall von Versorgung und Infrastruktur und die bis zu achtstöckigen Häuser. CSU, ÖDP und München-Liste lehnten den Entwurf ab, SPD stimmte dafür, die Grünen stimmten zur Hälfte gegen das Bauprojekt, das mehrheitlich abgelehnt wurde.
Nachtrag Juli 2021: Der Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung hat gegen Stimmen von AfD, FW/ÖDP und München-Liste die Änderung des Flächennutzungsplans für das Wohngebiet Neues Land von CA Immo beschlossen. Der BN kritisierte u. a. die weitere Versiegelung der ehemaligen Landwirtschaftsfläche, die zu erwartende Temperaturerhöhung und den Wegfall einer Frischluftschneise. Die Fachleute der Stadt gaben an, der Korridor an der Bahntrasse solle als Frischluftschneise dienen, außerdem seien ökologische Ausgleichsflächen geplant.910

Neues vom Lerchenauer Feld. 4. Bürgerbeteiligung mit Bürgern, ohne LBK und Investoren: Bayerische Hausbau und Concept Bau erklärten via Monitor die neuen Pläne vom Architekturbüro Ammann Albers StadtWerke aus Zürich. 1650 Wohnungen in drei- und fünfstöckigen Gebäuden, Hochpunkte mit sieben Stockwerken. Die Investoren schwiegen sich über den Anteil an Mietwohnungen aus: Die 40 Prozent SoBoN-Anteil sind vorgeschrieben. Immer noch ist die Verkehrsanbindung schlecht; eine geplante Trambahn wird erst lange nach Einzug der Bewohner verkehren. Der Stadtrat soll die Pläne 2023 durchwinken, Baubeginn könnte ab 2025 sein, die ersten Bewohner würden dann ab 2027/28 einziehen.11

Kritik an Bebauung Ratold- und Raheinstraße. Mitte Juni 2021 hat der Stadtrat die Bebauung mit Wohnungen für rund 2100 Bewohner gebilligt. Jetzt haben der Eigenheimerverein Feldmoching, die Aktionsgemeinschaft Rettet den Münchner Norden und Mitglieder des überregionalen Bündnisses München Nord, zehn Kritikpunkte in einem Schreiben für das Planungsreferat aufgelistet. Darin wird eine Höchstgrenze von höchstens der Hälfte der geplanten 2100 Wohnungen als Schmerzgrenze angegeben. Außerdem wurde die Bürgerbeteiligung gerügt („eine Farce“). Alle Anregungen aus der Bürgerschaft wären vom Planungsreferat ignoriert worden. Die Kritiker haben auch die Bürgerbeteiligung gerügt („eine Farce“). Beide Vereine forderten einen Baustopp und neue Planungen.12

Planungsausschuss billigte. Der Planungsausschuss des Münchner Stadtrats hat den Bau von 1650 neuen Wohnungen auf dem Lerchenauer Feld genehmigt. Dazu werden eine Grundschule, ein Gymnasium, Sportbauten und soziale Infrastruktur gebaut. Wie bei allen Münchner Großbaustellen wurde betont, dass hier der ÖPNV bevorzugt und der motorisierte Individualverkehr stark reduziert werden soll.13

  1. https://www.lerchenauer-feld.de/projekt [] []
  2. https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Stadtplanung-und-Bauordnung/Stadt-und-Bebauungsplanung/SoBoN.html []
  3. Sobotta, Jerzy, Leben auf dem Acker, in SZ 18.1.2018 []
  4. Naujokat, Anita, Widersprüchliche Signale, in SZ 7.2.2019 []
  5. https://www.lerchenauer-feld.de/ []
  6. Sobotta, Jerzy, Streng vertraulicher Zwischenbericht, in SZ 28.6.2019 []
  7. Sobotta, Jerzy, „Albers hat Feldmoching verstanden“, in SZ 14.11.2019 [] []
  8. Lerchenauer Feld im Livestream, in SZ 19.4.2021 []
  9. Sobotta, Jerzy, Zu hoch, zu dicht, zu viel Verkehr, in SZ 21.4.2021 []
  10. Hruschka, Lea, Leben im „Langen Land“, in SZ 2.7.2021 []
  11. Sobotta, Jerzy, Planspiele auf dem Lerchenauer Feld, in SZ 26.4.2021 []
  12. Sobotta, Jerzy, Halb so viel ist mehr als genug, in SZ 10.9.2021 []
  13. Lerchenauer Feld: Bebauung beschlossen, in SZ 9.6.2022 []
Objekt-Nr. 22100

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