Moloch München Eine Stadt wird verkauft

September 2020

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

September 2020:Mitbauzentrale München. Am 13.9.2020 hat die Mitbauzentrale München zum „Tag der offenen Wohnprojekte“ eingeladen, ein Zusammenschluss von Genossenschaften, Baugemeinschaften und Vereinen. Es gab Führungen und Informationsveranstaltungen von 24 unterschiedlichen Projekten. Mitgemacht haben u. a. Genossenschaften aus dem Prinz-Eugen-Park in Oberföhring, das Mietshäuser Syndikat an der Ligsalzstraße 8, die Kunstwohnwerke aus der Streitfeldstraße 33 und der Stadtpark Olga am Gottfried-Böhm-Ring 4.1
Näheres unter www.mitbauzentrale-muenchen.de

September 2020: Rückzug von Martin Schreck. Der profilierte Kämpfer für den Eggarten war im Zug der Kommunalwahl im März 2020 in den BA 24 Feldmoching – Hasenbergl gewählt worden. Die CSU im BA schlug Schreck (Freie Wähler/ÖDP) auch noch für den Vorsitz des Unterausschusses Bau vor. Am 8.9.2020 wurde in Abwesenheit von Schreck dessen Rückzug verkündet.  Die Arbeit im BA verhinderte zeitlich sein Engagement für den Eggarten.2

September 2020: Immobilienpreise steigen trotz Corona. Das HWWI sieht ein Ansteigen der Immobilienpreise bis mindestens 2030. Am stärksten würden die  Preise in den Landkreisen rund um München steigen. Auch in München selbst werden die Preise weiter nach oben gehen.3

September 2020: Aufforderung an die Stadtverwaltung. Die BI Landschaftspark West fordert im Hinblick auf die Baumschule und angrenzende Flächen das Planungsreferat und die Verantwortlichen zu Kooperation statt Konfrontation auf. Es gehe auch um die Frage, wie die Stadt mit ihren Bürgern umgeht. Das Planungsreferat will sehr wahrscheinlich im Dezember 2020 dem Stadtrat neue Pläne für die Baumschule vorstellen, ohne mit dem BA Kontakt aufgenommen zu haben oder ihn zu informieren. Für den BA-Vorsitzenden Josef Mögele (SPD) ist klar, „dass etwas im Busch ist“.4

September 2020: Zufriedene Mienen. Das ehemalige Osram-Gelände in Untergiesing liegt an den Isarauen und dem Mittleren Ring. Hier soll das Projekt Living Isar mit 423 Wohnungen für 1000 Bewohner entstehen, die Anfang 2022 fertiggestellt sein sollen. Gekauft hat das Areal die Büschl Unternehmensgruppe. Beim Richtfest Mitte September 2020 waren Ralf Büschl und der Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) anwesend. Beim Planungsbeginn um 2014 war Baumgärtner noch Vorsitzender des BA Untergiesing – Harlaching. Er organisierte neben der formellen Bürgerbeteiligung auch eine Informationsveranstaltung für die Bürger, die wohl sehr erfolgreich war; Baumgärtner sprach von „null Einwänden“ gegen den Bebauungsplan. Beim Richtfest lobte Büschl Baumgärtner und dessen Anteil, „die Bevölkerung abzuholen“.5

September 2020: Corona und der Mietspiegel 2021. Die Befragungen der Mieter fanden in der ersten Hälfte 2020 statt, davon zwei Drittel der etwa 3000 Interviews nach dem Lockdown im März 2020. Ein privater Dienstleister hat die Daten für die Stadt eingeholt, und Statistiker der LMU haben sie ausgewertet. Die Ergebnisse waren nach oben verzerrt, weil viele Gutverdiener in teureren Wohnungen im Home-Office waren und sich Zeit für die Befragung nahmen. Diese Personengruppe hat eine gute Wohnungsausstattung in zentraler Lage und oft eine kurze Mietdauer. Die „systemrelevanten“ Berufstätigen in den günstigeren Wohnungen hatten eher keine Zeit für Interviews. Nun soll der Mietspiegel 2021 auf Basis des Mietspiegels von 2019 fortgeschrieben werden.6

September 2020: Grundsteinlegung für das „Netzwerkhaus“. Auf dem Gelände der ehemaligen Abschleppfirma Eichenseher an der Gotzinger-/Oberländerstraße entsteht ein von der LBK abgesegnetes Bürohochhaus, das am Rand des Ensembleschutz-Gebietes gebaut wird und laut Lokalpolitiker-Meinung überhaupt nicht ins Umfeld passt. Entwickelt wurde das Hochhaus von Matthias Ottmann und dessen Unternehmen Urban Progress. Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) gratulierte Ottmann zu Konzept und Standort und begrüßte das neue Gewerbeobjekt in Sendling: Der geringe Leerstand bei Büroimmobilien zeige den hohen Bedarf an Büroflächen.7

September 2020: Kauft was Gutes, kauft Bullinger. René Benko kauft und kauft und kauft in Münchens Innenstadt. Nun hat seine Signa-Immobiliensparte „Prime Selection“ nach dem „Oberpollinger“ und der „Alten Akademie“ in der Fußgängerzone das Gebäude vom Büromittelhändler Kaut-Bullinger an der Rosenstraße8 am Marienplatz gekauft, nahe der Galeria Kaufhof. Signa hat Karstadt 2014 und Galeria Kaufhof 2018 übernommen und zur Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) vereint. In der Rosenstraße 9 rechts von Kaut-Bullinger ist oben Galeria Kaufhof, im Erdgeschoss das Restaurant „Zum Spöckmeier“. Die Rosenstraße 9 gehört zum Teil ebenfalls bereits Signa.
Der Kaufpreis für die Rosenstraße 8 soll im hohen achtstelligen Bereich liegen; damit wird die zukünftige Gestaltung der Miete so hoch werden, dass ein Schreibwarenladen sie nicht mehr aufbringen kann.8
Das zweite renommierte Schreibwarengeschäft in der Innenstadt, der 1824 gegründete Schreibmayr, seit 2001 in den Fünf Höfen, schloss im Oktober 2020 nach 196 Jahren.

September 2020: München: eine Immobilien-Blase. Die Schweizer Bank UBS hat in ihrem „UBS Global Real Estate Bubble Index“ (https://www.ubs.com/global/en/wealth-management/chief-investment-office/life-goals/real-estate/2020/global-real-estate-bubble-index.html) München rot als „Bubble Risk“ (< 1,5) gekennzeichnet. Für 2018 hat München den Faktor 1,99, für 2019 2,01 und für 2020 rasante 2,35. (Zum Vergleich Frankfurt: 1,43; 1,71; 2,26.) München und Frankfurt führen bei diesem USB-Ranking. „Keine anderen Städte weltweit befänden sich in solch einer Gefahr.“9 Ein qualifizierter Münchner Beschäftigter des Dienstleistungssektors muss derzeit für den Kauf einer 60-Quadratmeter-Wohnung rund neun Jahreseinkommen entrichten: Für eine Amortisation müsste diese Wohnung 39 Jahre vermietet werden. Deshalb warnt der Chefanleger der UBS, Maximilian Kunkel, Investoren vor Käufen aus Renditeüberlegungen. Dazu kommen die etwaigen Folgen der Pandemie, die derzeit noch gar nicht absehbar sind.9

  1. Grundner, Hubert, Unter Genossen, in SZ 9.9.2020 []
  2. Sobotta, Jerzy, Schnell aufgegeben, in SZ 11.9.2020 []
  3. Trotz Krise: Immobilienpreise steigen bis 2030 stark, in spiegel.de 13.9.2020 []
  4. Seipel, Christina, Kooperation statt Konfrontation, in SZ 16.9.2020 []
  5. Krass, Sebastian, Hohe Preise, hohe Nachfrage, in SZ 23.9.2020 []
  6. Kastner, Bernd, Stadt will Daten für Mietspiegel wegwerfen, in SZ 24.9.2020 []
  7. Lotze, Birgit, Auf Kritik folgen lobende Worte, in SZ 25.9.2020 []
  8. Krass, Sebastian, Millionen-Deal in bester Lage, in SZ 29.9.2020 []
  9. Preker, Alexander, München und Frankfurt sind überteuert wie keine anderen Städte weltweit, in spiegel.de 30.9.2020 [] []
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